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Prince 1958 - 2016

Lässig, stylish und mit unbändiger Energie hat er das Erbe der schwarzen Musik in die Ära der Postmoderne transponiert. Seine Bühnenauftritte tendierten deshalb mehr in die Richtung einer glamourösen Revue, deren Treibstoff ebenso aus dem schwarzen Soul-Underground, den Funk-Orgien von James Brown, Isaac Hayes oder George Clintons kam, wie vom erdigen Blues der Woodstock Generation. Sofort merkte man ihm und seiner genialen Musik an, wie vertraut ihm diese Roots doch waren. Auch wenn vieles sich auf der Ebene souverän lasziven Spiels und der historisch bewussten Re-Inszenierung von Zeichensystemen ereignete, spielte er sich mit der Gitarre dennoch sehr ernsthaft in die Nähe der ganz Großen wie Jimmy Hendrix, Jimmy Page oder Eric Clapton, doch mit mehr jazzigem Groove. Allerdings war das nur eine Teilkompetenz dieser ekstatischen Sexy Figure, die zum aufreizenden Oberlippenbärtchen auch gerne mal in Straps auftrat und – ebenso wie David Bowie bereits – den aktuellen Genderdiskurs fashionable fortsetzte. Dass er am liebsten gleich alle Instrumente selbst spielen und den Sound vom Mischpult aus auch noch dirigieren würde, verleugnete er keineswegs, sondern baute sich im Sog des weltweiten Erfolgs von »Purple Rain« die Paisley Park Studio Residence in Minnesota; ähnlich wie sein 1980er Jahre Superstar Kollege Michael Jackson die Neverland-Ranch. Auf der Bühne jedoch blieb er stets Teamworker und bezog erstaunlich viele weibliche Musikerinnen mit ein. Spätestens an dieser Stelle kann endlich daran erinnert werden, dass er von 1993 an sieben Jahre lang als »The Artist Formerly Known As Prince« auftrat. Prince, jener Weltstar, der den 80ies Pop in der Sphäre des Mainstream aus seiner Stagnation gesteuert hat, thematisierte auf damals ganz zeitgenössische Weise die Dominanz der Musikindustrie. Mit einem fast einzigartigen Akt in der Musikgeschichte entriss er dem Schallplatten Label Warner Bros. Records, mit dem er zuvor noch eine Vertragsverlängerung unterzeichnet hatte, seinen Namen. Unmittelbar davor waren seine Versuche, das Copyright über seine eigenen Aufnahmen zurückzubekommen, gescheitert. Dies ereignete sich in einer Zeit, die den Diskurs um den Tod des Autors noch wach hielt, während mit dem Aufkommen von Sampling-Technologien oder der Verwendung eingängiger Soundzitate im Hip-Hop folgenschwere Debatten rund um das musikalische Zitat geführt worden sind. Jedenfalls entzog Prince der Musikindustrie seinen Namen und damit die Bezeichnung eines Markenartikels. Tatsächlich hatte die Aktion zu Einbrüchen seiner Popularität und nicht zuletzt zum Rückgang des Tonträger-Verkaufs geführt. Dennoch gelang es Prince mit seiner perfekt durchchoreografierten Show bis zuletzt mehrmals hintereinander große Stadien zu füllen. Wie erfolgreich er musikalisch weiter experimentierte, hat er beispielsweise mit dem Album »Musicology« bewiesen. Von wesentlich mehr Funk getrieben als der Prince Sound bisher, steht es auf seine Weise fast ebenbürtig neben »Purple Rain«, wofür Prince den Filmmusik-Oscar erhielt. Ganz plötzlich jedoch musste der unentwegt in Wandlung befindliche Exzentriker bremsen. Für immer. Dass er auf dem Heimflug von einem Konzert in Atlanta eine plötzliche Zwischenlandung für einen Blitzbesuch im Krankenhaus einlegen musste, ließ gleich Gerüchte anschwellen. Wegen Einnahme aller möglichen Substanzen hätte er dringend einen Save-Shot zum Runterkommen gebraucht. Am 21. April verstarb Prince in seinem Paisley Park Anwesen. Die Breite der Kondolenzmeldungen aus der Pop-Welt und das Tempo, in dem die Radio- und Fernsehstationen weltweit ihre Sondersendungen anlaufen ließen, mögen ein Indiz für den enormen Verlust sein. Wie automatisch erklingt nun »Sometimes it snows in April, sometimes I feel so bad« als romantischer Nachhall. Mehrere Nachrufe zitieren diesen Song. Das ist nicht Einfallslosigkeit, sondern zeigt wie sehr Prince mit seinen Songs berühren konnte.
Mehr Texte von Roland Schöny

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