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Ballgasse 6. Galerie Pakesch und die Kunstszene der 80er: Rückschau in die Zukunft

Durch die Zeitschleuse. Schon ein paar Schritte nach dem Eingang ist man elektrisiert. Trips, Träume, Sounds und ultrastarke Kunst-Konzepte. Überall ein Vibrato. Gelegentlich bahnt sich ein Beben an. Wie viel hier noch am Anfang steht! Und trotzdem ist es nicht der Eindruck einer Baustelle, sondern Bilder vom Innenleben eines Dynamo, wo die gerade neu auf der Bildfläche erscheinende Avant Garde ein Statement nach dem anderen setzt, während draußen in den Clubs – im Schoko, im Europa oder im Ring direkt gegenüber MAK und Angewandter – New Wave ertönt. Es ist einer der glühenden Punkte im Netzwerk der wenigen Galerien und Kunsträume, die Wien von außen her wie ein ''Kunstwunder'' wirken lassen, wie dies die populäre Kunst-Illustrierte ''art'' titelte. Damit nicht genug: Ein Jahr später (1987) brachte das ''KUNSTFORUM'' den Themenschwerpunkt ''Insel Austria''. Es wäre daher falsch zu glauben, es würde in der Ausstellung bloß die Geschichte einer einzelnen Galerie abgehandelt. Überhaupt wäre es irreführend, das Moment des ''Rückblicks'' zu sehr zu betonen. Natürlich bezieht sich ''Ballgasse 6'' auf die Adresse der von 1981 bis 1993 ebendort betriebenen Galerie Pakesch. Sich in dieser gar nicht allzu großen, jedoch an allen Ecken heiß glühenden Schau zeitlich zurück zu beamen lassen, führt schnell zur Frage, wo denn heute die Gegenwart geblieben sei. Mittlerweile leben wir in der großen, europäischen Kunstmetropole Wien, in der man sich sogar den zynischen Luxus geleistet hat, identitätsprägende Institutionen wieder zuzusperren. Hier geht’s anders zu. Nahezu jedes Bild, geradezu jedes Dokument vermittelt den Eindruck, dass immer wieder von Neuem Zündschnüre gelegt werden. Wie wunderlich, wie beeindruckend die Konsequenz, mit der jene Künstler ihre Ideen formuliert und vor allem hernach ausgearbeitet und sukzessive weiterverfolgt haben: Peter Kogler, Heimo Zobernig, Franz West, Martin Kippenberger, Otto Zitko, Herbert Brandl. Ja, natürlich: Es drängt sich bereits nach der ersten Aufzählung auf, zu wiederholen, was eine Kollegin ostentativ angemerkt hat: ''It's a Man's Man's Man's World''. Nicht oft genug kann man es dazusagen. Immerhin befinden wir uns hier bereits in den 1980er und 90er Jahren, und trotzdem tauchen gerade mal Jenny Holzer, Beatrix Sunkovsky oder Liz Larner als weibliche Darstellerinnen auf dieser doch ziemlich internationalen Bühne des Kunstgeschehens auf. Grita Insam oder die zu dieser Zeit bald von Innsbruck nach Wien übersiedelte Galerie Krinzinger hatten da schon einen wesentlich breiteren – um nicht zu sagen: zeitweise sogar ausgeglicheneren – Fokus, was die Präsentation von Künstlerinnen betraf. Dennoch sei – auch jetzt kurz vor dem Ende ihrer Laufzeit – noch einmal groß hervorgestrichen: Diese Ausstellung ist wesentlich spannender, um vieles cooler und noch um einiges informativer als eine Rezension überhaupt vermitteln könnte. Denn: Ja, es handelt sich zwar um das Archiv einer Galerie. Doch es ist vor allem ein Stück österreichischer, und mittlerweile internationaler Kunstgeschichte in ihren Anfängen. Schnell vergisst man den nur allzu leicht angestaubt klingenden Ausdruck ''Archiv''; auch wenn der scheidende Direktor des WIEN MUSEUMS betont, dessen Übernahme sei – neben seiner Bedeutung für die jüngere Kulturgeschichte Wiens – deshalb so attraktiv gewesen, weil es derart systematisch geordnet gewesen sei. Es ist auch immer wieder dokumentiert, wie penibel Peter Pakesch Karteikästen und Organigramme angelegt hat (lange bevor alles über PC oder Apple lief). Diese Ordnung war eines der Kriterien, um Erfolge einzufahren; vornehmlich auf dem internationalen Markt auf Messen, während die Galerie in der Ballgasse nahe dem Stephansplatz (und später auch in der Ungargasse) mehr Kunstraumcharakter hatte und bedeutender Szenetreff war. Natürlich fällt auch gleich auf, wie viele Künstler in Bands spielten oder ihre eigene Formation gegründet hatten. ''Pas Paravant'', ''Molto Brutto'', ''Avoidance'', ''WIRR'', ''monoton''. Kurz: Sound, wohin man schaut. Betonen muss man auch, dass es nicht nur durch das Material, sondern auch durch die Ausstellungsarchitektur von Checo Sterneck, die Grafik von Haller & Haller und nicht zuletzt die hervorragenden Wandtexte gelungen ist, auf dieser doch recht überschaubaren Fläche im Erdgeschoss des WIEN MUSEUMS ein ganzes Netzwerk hochinteressant zu entfalten. Am besten also: die noch wenigen Tage nützen und hier noch einmal die Batterien der Augen aufladen: Schnell noch hin, auf einige jener Pfade, die – straight on – in wichtige Bereiche der Gegenwartskunst führen.
Mehr Texte von Roland Schöny

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Ballgasse 6. Galerie Pakesch und die Kunstszene der 80er
24.09.2015 - 14.02.2016

Wien Museum
1040 Wien, Karlsplatz
Tel: +43 1 5058747-0, Fax: +43 1 5058747-7201
http://www.wienmuseum.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 09-18, Sa, So 10-18 h


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