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ELSEWHERE. Observations on Islands: Zwischen Utopie und Isolation

Selten können Ausstellungen Irritationen schaffen. Was gäbe es auch, das nicht durchgespielt wurde. Hier jedoch entstehen Momente der Verstörung, die bis zum Unbehagen gehen können. Ausgelöst werden sie durch ein radikales Nebeneinander, das letztendlich doch durch unterirdische Affinitäten verbunden zu sein scheint. Es ist eine Konfrontation mit starken Werken teils weit auseinander liegender KünstlerInnengenerationen und teils sehr unterschiedlicher Konzepte und Arbeitsweisen. Dennoch: Jenen ohnehin schon ziemlich abgegriffenen halbkritischen Impuls zu aktivieren, der thematische Ausstellungen als Projekt grundsätzlich in Frage stellen möchte, weil sie angeblich den Versuch unternehmen würden, unterschiedliche, nicht zusammengehörige künstlerische Positionen bloß unter einer Headline zusammenfassen, greift hier nicht. Das Auseinanderliegende, das Ferne, das jenseits imaginärer Grenzen liegende, genau dies ist hier auch das zusammenhaltende Leitmotiv. Es kommt etwa zu einer Wiederbegegnung mit Rodney Grahams (*1949 British Columbia, CAN) aufwendig gemachten Film-Loop »Vexation Island« mit unterschiedlichen Inselmotiven aus Literatur- und Philosophie. Im Zentrum eine frustrierende Situation, in der ein vielleicht gestrandeter Pirat auf einer Palmen-Insel von einer Kokosnuss getroffen ohnmächtig daliegt, nachdem er selbst die Palme geschüttelt hat. Ganz anders die Annäherung des um einiges jüngeren Adrien Missika (*1976 Bergen, D). In seinem Video wird die streng bewachte mexikanisch-amerikanische Migrations-Grenzlandschaft per Drohnenflug prothetisch observiert. Peter Doig (*1959 Edinburgh) kommt auch vor: mit einem Gemälde, mit einer Ureinwohner-Figur in einem Kanu. Am Horizont aus dem Meer ragend im Hintergrund die Insel als Lebens- und vielleicht Sehnsuchtsort oder kulturelle Enklave. Die Insel, das Insulare, das ist jener Topos, um den die Werke dieser Ausstellung von Kuratorin Marlies Wirth in Kooperation mit Künstler Andreas Duscha gruppiert wurden. Duscha (*1976 Heidenheim a. d. Brenz, D) selbst ist mit einer Paravent-artigen Raumintervention vertreten – tendenziell abgekehrt vom den weiteren Positionen im Umfeld. Die Bilder stellen Rückbezüge her zum Projekt der Verlegung des ersten transnationalen Telekommunikationskabels auf dem Grund des Atlantiks im 19. Jahrhundert. Zugleich verweisen sie auf die Parallelwelt übertragener Vogelsignale im Luftraum. So kommt es zu einer Anspielung auf das Foto-Projekt »The Solitude of Ravens«, das der japanische Ku?nstler Masahisa Fukase (1934 – 1912) in der Bearbeitung seiner traumatischen Einsamkeit u?ber zehn Jahre verfolgt hatte. Noch weiteres ließe sich benennen. Auch noch eine Reihe weiterer Künstlerinnen wie Tacita Dean (UK), Thomas Mulcaire (ZA), Christoph Weber (AT) oder Seth Weiner (USA). Durch die Kooperation mit Sammlungen wie Friedrich Christian Flick Collection, Berlin war es möglich, teils sehr prominente Künstlerpositionen in das Projekt zu holen. Dass das Ausstellungskonzept als Exposé einer Studie umschrieben ist, betont den Projektcharakter. Jedes der Werke eröffnet noch eine Reihe weiterer und anderer Lesarten, die auch noch andere Felder eröffnen. Daher lässt sich kaum apodiktisch eine Behauptung aufstellen wie »gelungen« oder »zu sehr auseinander driftend« oder Ähnliches. Viel mehr ist der Mut und immer wieder auch die Treffsicherheit hervorzuheben, mit der hier der schwer zu fassende Begriff des Insularen bearbeitet wird, eine Vorstellung, die sich immerhin zwischen dem Utopischen und dem Zustand der Isolation situieren lässt und Gesellschaftliches, Politisches und Kulturelles betreffen kann. Und hervorzuheben ist, wie das Display der Ausstellung versucht, die Werke auseinanderzuhalten und die Singularität einzelner Positionen betont. Auf einmal wird hier noch ein anderer Aggregatzustand berührt: die Einsamkeit. Hochinteressant also.
Mehr Texte von Roland Schöny

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ELSEWHERE. Observations on Islands
17.01 - 15.02.2015

FJK3 – Raum für zeitgenössische Kunst
1010 Wien, Franz Josefs Kai 3
Email: office@franzjosefskai3.com
http://www.franzjosefskai3.com
Öffnungszeiten: Mi-So 12-18, Fr 12-20 h


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