Werbung
,

Neue Positionen Digitaler Kunst der Abteilung Digitale Kunst der Universität für Angewandte Kunst, Wien: Materialisierung der Codes

Is it digital or not? Natürlich stellt sich diese Frage angesichts eines Müllroboters, einer Kabelrolle oder wenn ein Türrahmen samt Tür exponiert im Raum platziert ist, obwohl sich der Kunstbegriff hier auf die binären Datenströme im digitalen Zwischendeck bezieht. Andererseits wäre das coole Interface als omnipräsente Ikone auch ziemlich anachronistisch, wenn „Neue Positionen digitaler Kunst“ präsentiert werden. Die Ausstellung junger KünstlerInnen aus der Abteilung Digitale Kunst der Hochschule für angewandte Kunst zeigt nämlich den enormen Pluralismus, der aktuell in diesem Feld entsteht. Selbstverständlich bleiben Medienreflexivität und kritischer Anspruch weiterhin zentral. Die Ebene der Codes aber bezieht sich oft auf Produktions- und Steuerungs-Tools. Von Vorteil daher der Ort des Projekts: die Verkaufs- und Büroräume eines ehemaligen Geschäfts. Die zahlreichen Trennwände erleichterten es der künstlerischen Leiterin und Kuratorin Ruth Schnell sowie Kuratorin Romana Schuler anstelle der erzwungenen Konstruktion irgendwelcher Querbezüge, die Werke in ihrer Unterschiedlichkeit koexistieren zu lassen. Zum Auftakt dennoch einige Leitmotive digitaler Kunst: Die interaktive Installation „vinyl+“ von Jonas Bohatsch, die Timecode Schallplatten um projizierte visuelle Elemente erweitert. Stets fasziniert die Magie der Schallplatte als „altes“ Medium. Hier ist sie Interface. Mit der Bewegung beginnen sich projizierte Elemente auf der Platte zu bewegen. Sobald die Nadel darüber fährt, werden Sound-Animationen getriggert. Historisch unterschiedliche Methoden Sound abzurufen überlagern einander. Zugleich ist es Pop: Bunt glänzend und auratisch. Und noch einige Medienarbeiten, die man eindeutig als solche identifiziert: Langer Titel, klarer Effekt: „Random Access Memories II: Memochrome“ von Bernhard Garnicnig. Eine Kamera-Applikation für Android, die anstatt scharfer Bilder eine maximale Abstraktion der aufgenommenen Szene herstellt. Ein altes Thema, immer noch fasznierend greift Roman Hansi auf. Es begegnen einander zwei zeitlich zueinander versetzte Schattenprojektionen derselben Ausstellungsbesucher auf einer Wand. Im engeren Feld des sogenannten Medialen angesiedelt ist auch eine grafische Arbeit die das User-Verhalten – sprich: die Online-Präsenz von Face-Book-Friends – statistisch erfasst. Vergleichswerte also; visuell leicht lesbar. Und was hat es nun mit der Tür auf sich? „Door Augmented“ ist eine interaktive, zwei Orte verbindende Sound- und Objekt-Installation. Natürlich alles in Echtzeit. Eine zweite Tür eines alten Heuschobers in einem Stahlrahmen ist irgendwo draußen ganz weit im Westen Österreichs im Freien platziert. Jede durch Windstoß ausgelöste Bewegung wird als Ton und Bild per Internet in den Ausstellungsraum übertragen. Ein Dispositiv, das Geräusch und Bild durch die zufälligen Ströme auf jenem Terrain erzeugt, das wir einstmals Natur nannten. Ja, und die Kabeltrommel von Phillip Köster ist eigentlich eine „50 Hz Datenskulptur“, die wie ein Musikautomat funktioniert. Die Welt verzweigt sich bis in frühe Kindheitserinnerungen. Die rätselhaft, aber auch intim wirkende Installation von Susanna Gartner vereint Kleinzeugs, das nach Spielzeug aussieht. Irgendwo ein paar Schraubenköpfe und verschiedene kleine Projektionsflächen. Unterschiedliche Lichtfarben. Projektionen. Man hört auch etwas. Interessant, wie sich hier offenbar Erinnerungen materialisieren. Gelegentlich wird der Sound zum Krach. Untiefen der Kindheit. 34 hochinteressante Positionen von größtenteils jungen KünstlerInnen, die in einer digitalisierten Umgebung und zumeist mit dem Computer im Jugendzimmer aufgewachsen sind, vereint diese Ausstellung. Besuchen sollte man sie unbedingt. Die Qualität der Werke und der Standard auf dem hier aktuelle Technologie reflektiert werden, fasziniert sofort. Ob sich aus der Diversität weitere Perspektiven ergeben, lässt sich schwer ermitteln. Eines aber schon: während im postmedialen Zeitalter selbst die Malerei medial wurde, ist die Medienkunst längst genreübergreifend und undogmatisch.
Mehr Texte von Roland Schöny

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Neue Positionen Digitaler Kunst der Abteilung Digitale Kunst der Universität für Angewandte Kunst, Wien
11 - 22.05.2011

Y/our/Space
1010 Wien, Hoher Markt 9
Email: info@digitalekunst.ac.at
http://www.digitalekunst.ac.at
Öffnungszeiten: täglich 12 – 20 Uhr


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: