Werbung
,

Brückenschlag zur Avant Garde

Weiterhin auf tönernen Füßen situiert bleiben die engagierten Versuche in Kärnten, die Puzzlesteine des Zeitgenössischen zu einem diskursiven Netzwerk zusammenzufügen. Ein logischer Ort zum Aufbau von Schubkraft wäre Stift Ossiach / Osoje. 2008 noch einer der Schauplätze der Ausstellung zur zeitgenössischen Kunst in Kärnten, k08, mittlerweile auch Sitz der Carinthischen Musikakademie. Dies macht Überlegungen zur Verknüpfung der Koordinaten Raum und Klang über Momente des Visuellen und Performativen im renovierten Stift höchst plausibel. Das von k08-Kuratorin Silvie Aigner gemeinsam mit Kuratorin Ulli Sturm konzipierte Symposium raum.klang.stift.ossiach legte Fährten in dieses aktuell boomende Terrain. Doch bei gleichzeitig ausführlicher Vorankündigung in den Landeskulturmedien zeigte sich auch, dass die Roadmap zur nachhaltigen Entfaltung gegenwärtiger Kultur erst zu zeichnen ist. Prominente Andockstellen gäbe es genug. Immerhin initiierte Friedrich Gulda hier das 1.Internationale Musikforum Ossiachersee 1968. Mittlerweile signalisiert die Architektur, des kürzlich fertig gestellten Alban Berg Konzertsaals (Arch. Markus Figl) die Materialisierung übergreifenden gegenwartsbezogenen Denkens. Signifikant erhebt sich über dem Sockel aus groben Bruchsteinen des an das historische Stift anschließen Gebäudes eine Membrankonstruktion, die sich für die Bespielung mit Licht- und Medienprojektionen eignet, während eine mit Schindeln verkleidete Saalwand das Innere charakterisiert. Das hybrid wirkende Bauwerk gilt als intelligentes Zeichen der Verbindung lokal situierten Bestands mit Gegenwärtigem und Innovativem. Im begrünten Areal davor wird die Synthese von Raum- und Hörerfahrung in Form einer Sound-Installation von Melitta Moschik fortgesetzt. Aus Metallsäulen mit integriertem LED-Display dringende Audiosignale akzentuieren den Außenraum akustisch. Dieses und andere Konzepte waren auch Symposiumsthema. Trotz Umsetzung avancierter Ideen lässt sich in Ossiach / Osoje aber eine oftmals anzutreffende Dynamik beobachten, die sich unter dem Paradigma populistischer bis indifferenter Kulturpolitik in Kärnten pointierter zeigt als anderswo. Denn zumeist starten die inhaltlichen Debatten um die Nutzung historischen Bauten erst nach der Investition in deren Renovierung. Aus diesem definitorischen Manko resultiert Unsicherheit bis Stillstand. Von einer Pattsituation zu sprechen wäre trotzdem falsch. Denn das Publikum brachte seine Option für das Zeitgenössische eindeutig zum Ausdruck. Es war begeistert als das Ensemble die reihe unter Gottfried Rabl zum musikalischen Auftakt von raum.klang.stift.ossiach Stücke der Avantgarde des 20. Jahrhunderts spielte. Moderierend begleitet von Irene Suchy. Solche Kompositionen von Otto M. Zykan, Kurt Schwertsik oder Giselher Smekal, die zumeist performative Anteile enthalten und die Konventionen im Konzertsaal überschreiten. Damenspiel (2001) von Gabriele Proy etwa basiert auf einer live gespielten Runde des Brettspiels Dame, dessen jeweilige Spielzüge wiederum mit der Aufführung darauf bezogener Kompositionsteile konnotiert sind. Somit wurde ein Jahr nach der keineswegs verhallten Büchnerpreis-Rede Josef Winklers zur dramatischen kulturellen Situation in Kärnten und ein Jahr nach der Ausstellung k08 mit raum.klang.stift.ossiach wieder eine diskursive Markierung gesetzt. Endlich noch mehr solche Positionen zu ermöglichen, ist selbstverständlich Aufgabe der öffentlichen Hand. Doch die in Kärnten so massiv propagierte Kooperation zwischen Wirtschaft und Kultur sollte ebenfalls anders interpretiert werden. Nicht über den üblichen Kurzschluss der Umwegrentabilität, sondern ebenfalls zugespitzt in der Frage, was zeitgenössisches Bewusstsein heute bedeutet. Denn wie sehr hätte man – über alle Parteigrenzen hinweg – über ArchitektInnen gelacht, die behauptet hätten, der kürzlich eröffnete Alban Berg Saal in Ossiach solle Aussehen wie in Bayreuth oder gar wie eine computergeschnitzte Tenne daher kommen.
Mehr Texte von Roland Schöny

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: