Werbung
,

53. Biennale von Venedig - Italienischer Pavillon: Welten erfinden ohne Geschichte

Bemerkenswert die breite mediale Beliebtheit der Biennale Venedig. Vielleicht auch verständlich. Kurator Daniel Birnbaum setzte deutlich Signale in Richtung eines übergreifenden Konsensprojekts. Seine Großausstellung im Arsenale und dem ehemaligen italienischen Pavillon in den Giardini umschifft virtuos den Reflexionsrahmen einer kritischen Praxis, obwohl die von ihm gewählten Positionen eine andere Sprache sprechen könnten. Unübersehbar bezieht sich „Fare Mondi / Making Worlds“ auf diskursive Entwicklungen des späten 20. Jahrhunderts, auf Fluxus, auf postminimalistische Strömungen oder auch Kunstformen, welche direkt den Dialog mit urbanen Entwicklungen aufnehmen, wie die Interventionen Gordon Matta Clarks. Sogar Hinweise auf die Dimensionen performativer Manifestationen, wie die Interventionen André Cadarés, dem im vergangenen Herbst eine aufregende Ausstellung in Bukarest gewidmet war, lassen sich entdecken. Cadarés bunt lackierte Stäbe (Barres de bois rond) jedoch, die er in den 1970er Jahren als mobile Markierungen abseits der Kunsträume einsetzte, stehen nun wie verloren da. Auch Öyvind Fahlströms großartige Transformationen des Sujets der Landkarte wirken in der Ausstellung in den Giardini beiläufig. Und nicht nur sie. Andere Präsentationen wirken ebenfalls gebändigt und aus ihrem Kontext gerissen. Denn Birnbaum gibt eine zentrale Leserichtung vor, wenn er dem Ausstellungsmotto gemäß auf die Konstitution spezifischer „Welten“ im Zuge künstlerischer Produktion verweist, dies jedoch wie eine anthropologische Konstante transportiert. Dadurch lenkt er den Blick auf visuelle, grammatikalische Systeme, was zwar legitim ist, doch drängt er eine wesentliche Komponente zurück: nämlich den kritischen Weltbezug der meisten von ihm gewählten Positionen vor der Folie des Gesellschaftlichen. Bekanntermaßen gelang dies anderen Ausstellungen der Vergangenheit. In der NGBK Berlin im Projekt „Politcal / Minimal“ im vergangenen Jahr und selbstverständlich auf Cathrin Davids documenta X, wo ebenfalls Öyvind Fahlström oder – wie in Venedig jetzt – auch Gordon Matta Clark gezeigt wurden. Daniel Birnbaum als renommierter Herausgeber, Kunsthistoriker und Akademie Direktor dagegen ging eher den Weg des kundigen Kunstdiplomaten. Zurück bleibt außerdem der Eindruck, dass im ehemaligen italienischen Pavillon kaum mit der Beleuchtung gearbeitet wurde. Vielleicht wirkt die Präsentation von Georges Adéagbo deshalb so steril; ähnlich unterkühlt wie die Filmpaintings des Kunst-Anarchisten Tony Conrad. Erfrischend dafür die Begegnung mit einer der wenigen Video-Arbeiten zu denen sich Birnbaum durchringen konnte: Darin ironisiert Dominique Gonzalez Foerster detailliert die Einladungsprozedur und die abenteuerlichen Produktionsbedingungen in Venedig.
Mehr Texte von Roland Schöny

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

53. Biennale von Venedig - Italienischer Pavillon
07.06 - 22.11.2009

Österreichischer Pavillon - La Biennale di Venezia
30122 Venezia, Giardini della Biennale
https://www.biennalekneblscheirl.at
Öffnungszeiten: täglich 11 - 19 h, Fr, Sa bis 20 h,
Montag geschlossen außer 25/07, 15/08, 5/09, 19/09, 31/10, 21/11


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Statt NGBK KW
Thomas Wulffen | 09.06.2009 05:01 | antworten
Die Ausstellung 'Political/Minimal' fand nicht in den Räumen der NGBK statt und wurde auch nicht von dem Kunstverein organisiert. Die Ausstellung wurde in den Kunstwerken in der Auguststrasse gezeigt, organisiert von von den Kunstwerken. Der zuständige Kurator war Klaus Biesenbach. Katalog vor Ort zu erhalten... Nichts für ungut. Die Kritik ist zutreffend.

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: