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Global:Lab - Kunst als Botschaft. Asien und Europa 1500 - 1700: Frühe Globalisierung als intellektuelles Abenteuer

Bis heute prägt Immanuel Wallersteins bahnbrechende Untersuchung „The Modern World System“ aus dem Jahr 1974 über die Entstehung des europäischen Weltwirtschaftssystems beginnend ab etwa 1450 unsere Debatten zur Globalisierung. Erst nach und nach werden jene Visualisierungsformen, die sich in den großen Speichern der klassischer Kunst finden und nicht nur Expeditionen, Landnahme und Sklaverei darstellen, sondern auch Prozesse der Vermischung unterschiedlicher Kulturen spiegeln, kritischen Leseweisen und Neuinterpretationen unterzogen. Parallel zur Entwicklung der Zentralperspektive im arabischen Raum und in Europa sowie den neuen technischen Methoden zur Vermessung der Welt mit ihren epochalen Auswirkungen auf die abendländische Kunstgeschichte wurden zahlreiche neue Methoden der Vermessung wie auch der Aneignung von Wahrnehmungsformen und Interpretationen von Welt entwickelt. In der großen Ausstellung, die unbedingt Aufmerksamkeit verdient, rückt das MAK mit „Global:Lab. Kunst als Botschaft. Asien und Europa. 1500 - 1700“ einen zentralen Aspekt dieser Entwicklungen in den Vordergrund. Selbstverständlich ist der sensibel aufgeblätterte historische Atlas nicht derart sensationalistisch aufbereitet wie die großen Gegenwartskunstprojekte zur Globalisierung. Die Ausstellung dokumentiert, wie sehr der Transfer von Strategien der Kunst oder auch Forschungsergebnissen der Wissenschaft Bedeutung für die jeweils andere kulturelle Produktion in Europa – etwa in Holland – und andererseits in Asien mit dem chinesischen Kaiserhof als Beispiel von Bedeutung war. Dafür steht etwa ein zwölfteiliger Koromandellack-Paravent aus dem 17. Jahrhundert, der holländische Seeleute zeigt, die exotische Tiere und Kostbarkeiten an die Küste bringen, um sie auf ein Schiff zu verladen, was als holländische Gesandtschaft an den chinesischen Kaiserhof interpretiert wird. Als Sensation bringt diese von Angela Völker und Johannes Wieninger erarbeitete Ausstellung eine Sequenz des beru?hmten „Hamza-Nama“, einer Mogulhandschrift des 16. Jahrhunderts, die zu den wichtigsten Werken der Malerei der islamischen Welt zählt und hier für das Thema der fu?rstlichen Repräsentation steht. Von den ehemals 1.400 Blättern sind heute noch 200 erhalten. Das MAK besitzt mit 60 Miniaturen den größten zusammenhängenden Bestand. Ein weiteres Kapitel thematisiert Strategien kultureller Identitätskonstruktion; etwa in der Konfrontation des Idealtyps des europäischen Menschen an Hand der Proportionsstudien Dürers mit dem Zusammenspiel von Ornament und narrativer Illustration im islamischen Kulturkreis. Die Bühne für diese Präsentation konzipierte Michael Embacher. In den Grundzügen erinnert die Ausstellungsarchitektur an ein System aus geöffneten Transportkisten. Teilweise besteht es aus Kunststoff und aufgeschäumtem Material; wie heute eben üblich. Insgesamt eine Ausstellung, die unbedingt noch besucht werden sollte; nicht nur, um essentielle Parameter kultureller Globalisierung zu studieren, sondern auch, weil hier wieder die Potentiale der Sammlung des MAK sichtbar werden. Das „Museum als Zeitmaschine“ wird wiederbelebt in einer Ausstellung, die als intellektuelles Abenteuer bezeichnet werden darf.
Mehr Texte von Roland Schöny

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Global:Lab - Kunst als Botschaft. Asien und Europa 1500 - 1700
03.06 - 27.09.2009

MAK-Ausstellungshalle
1010 Wien, Weiskirchnerstraße 3
Tel: +43(1) 711 36-0, Fax: +43 1 713 10 26
Email: office@mak.at
http://www.mak.at
Öffnungszeiten: Di 10-22 h (18-22h freier Eintritt), Mi-So 10-18 h


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