
Roland Schöny,
Futurismus 100: Im Rausch der Beschleunigung
„Futurismus 100“ als Serie von Großausstellungen
Der Futurismus wird zumeist auf sensationalistisch aufgeladene Headlines reduziert. Hinzu kommt, dass sich die Konzepte der geschwindigkeits- und kriegsbegeisterten Bewegung vom italienischem Faschismus an die Kandare nehmen ließen. Unterbelichtet im Schatten avantgardistischer Manifestationen wie Marinettis Skandierung des Krieges als „ZANG-TUMB-TUUUMB“, die gewöhnlich als verklärender Ruf zu den Waffen gelesen wird, bleibt oft die Bildgeschichte und bleiben die vielfältigen internationalen kulturhistorischen Konnotationen.
Die zahlreichen Ausstellungen zum hundertjährigen Jubiläum des futuristischen Manifests bieten Gelegenheit zur ausführlichen Auseinandersetzung. Nach jenem Großprojekt, welches die Ausbreitung der Bewegung bis 1912 zum Thema hat und im Pariser Centre Pompidou lief, verlagerte sich das Epizentrum der Präsentationen Ende Jänner nach Oberitalien.
Die Leuchtraketen zum Start des dreiteiligen Jubiläums-Events „FUTURISMO 100“ wurden von Rovereto aus abgefeuert. Dort liegt ein Großteil der Nachlässe. Nur jener Marinettis befindet sich in den USA. Zudem bildet Rovereto eine Schnittstelle jener Konzeptionen und Ideologien der Moderne, welche über die strenge des Kubismus hinaus mit dem Futurismus zusammentrafen. Die Ausstellung zum Auftakt des Futurismus-Jahres im MaRT heißt daher „Illuminationen. Avantgarden im Vergleich. Italien - Deutschland – Russland“ und läuft bis 7. Juni dieses Jahres.
Als Beginn des von Ester Coen geleiteten Futurismus Großprojekts Italiens, das in Venedig und Mailand mit den Themen „Astrazioni“ und „Simultaneità“ fortgesetzt wird, fokussiert Roveretto die Beziehungen zwischen Futuristen und zentralen Vertretern der russischen und deutschen Avantgarden. Einen roten Faden bildet die legendäre Russlandreise Marinettis 1914. Neben den Verflechtungen zwischen futuristischen Malern und russischen Künstlern werden Blicke in Richtung der Hauptstädte der Kunst Paris, Berlin, Moskau und nicht zuletzt New York aufgezeigt.
Faszinierend ist die Dichte der künstlerische Präsenz in den norditalienischen Kleinstädten, erschreckend deren Affinität zum Faschismus; ebenso die Übergänge zwischen Architektur der Moderne und jener des Faschismus. Überraschend, wie sparsam die kritischen Ansätze dazu blieben; im politischen Kontext Italiens wiederum keine Besonderheit. Eine einzigartige Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit dem Futurismus bietet das Jahr 2009 dennoch.
Die Wanderausstellung „Futurismo. Avanguardia-Avanguardie“ die zunächst in Paris gezeigt wurde, ist ab 20. Februar im Scuderie del Quirinale in Rom zu sehen und ab 12. Juni dann in der Tate Modern in London. Und nicht vergessen werden sollte angesichts des umfangreichen Bild und Dokumentationsmaterials die tönende Seite des Futurismus. Denn gerade heute wieder rezipieren junge MusikerInnen die Sound-Untersuchungen und Studien von Maschinen-Klängen durch Luigi Russolo im Original.
Futurismus 100
08.02 - 01.10.2009
Palazzo Reale Milano
20121 Milano, Piazza Duomo
Tel: +39 2 875672
Öffnungszeiten: Di-So 9.30 - 17.30 h
08.02 - 01.10.2009
Palazzo Reale Milano
20121 Milano, Piazza Duomo
Tel: +39 2 875672
Öffnungszeiten: Di-So 9.30 - 17.30 h