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Manifesta 7: Eine Einleitung

Als nomadische Biennale ist die siebente Ausgabe der Manifesta nun in den italienischen Provinzen Südtirol und Trentino gelandet. Erstmals wurden Ausstellungen und Interventionen für eine gesamte Region auf einer Streckenlänge von 150 Kilometern in Rovereto, Trento, Bozen und der Festung Franzensfeste konzipiert. Angesichts der rund 180 Positionen mit etwa 230 Beteiligten lässt sich der Kraftakt erahnen, der zur Bespielung brachliegender Industriegebäude, eines Postamtes und anderer Stützpunkte unter jeweils unterschiedlichen lokalen Verwaltungen notwendig war. Zudem arbeitete das mit EU-Geldern gestützte Unternehmen unter dem Vorzeichen der in Folge ihres kulturpolitisch kläglichen Scheiterns abgesagten Manifesta 6 in der geteilten Stadt Nikosia. Nun hat das breite KuratorInnenteam der Manifesta 7 bestehend aus Adam Budak, Anselm Franke, Hila Peleg sowie Monica Narula, Jeebesh Bagchi und Shuddhabrata Sengupta vom Raqs Media Collective und noch weiteren ein Netzwerk in sich schlüssiger, spannender und an Bezügen reichen Ausstellungssituationen mit mehreren thematischen Schwerpunkte konzipiert, die jedoch einen Aspekt auffallend unterbelichtet lassen. Ausgerechnet in einer Region, die sich gerne als pittorske Alpinlandschaft mit Obst- und Weinanbau präsentiert, als Industriegegend jedoch eines der europäischen Zentrum der Arbeitsmigration war, das noch dazu durch die Bauten und Monumente des Mussolini Faschismus charakterisiert ist, wurde die Möglichkeit an lokale soziale oder historische Bezugspunkte anzudocken erstaunlich sparsam bis gar nicht genützt. Im Gegensatz zu ähnlichen Großveranstaltungen wie der Istanbul Biennale tritt die Manifesta 7 in Norditalien bis auf vereinzelte Akzente weitgehend unpolitisch auf. In einem Staat mit Rechtsregierung, wo soeben eine Debatte um die rassistischen Konnotationen der Registrierung der Fingerabdrücke von Roma-Kindern lief, bleibt dies zumindest bemerkenswert. Eine Ausnahme bildet die Annäherung an Geschichte, Architektur und strategische Bedeutung der im 19. Jahrhundert von mehr als 6000 Arbeitern erbauten Festung Franzensfeste. 10 AutorInnen verfassten Texte über das zur Verteidigung gegen die napoleonischen Truppen errichtete Bollwerk. Hörstationen bieten die Möglichkeit, sich niederzulassen und deren kritische Reflexionen zu diesem kriegerischen Zeichen, das nie für seine ursprünglichen Zwecke genutzt und nun als kultureller Bedeutungsträger freigegeben wurde, auf sich wirken zu lassen. Sie stammen von Mladen Dolar, Thomas Meinecke, Saskia Sassen, Reneé Green oder Margareth Obexer. Als vorbildliche Auseinandersetzung mit Kriegsarchitektur sollten diese Hörstationen nach dem Abbau der Manifesta im Spätherbst erhalten bleiben. Auch die übrigen Manifesta-Stationen sind eine Reise wert. Die Mitnahme kritischen Sezierbestecks sei ebenso empfohlen wie ein Zeitbudget von zumindest zwei Tagen. Die Ausstellungsorte im Einzelnen: Rovereto: Manifattura Tabacchi, Ex Peterlini Trento: Palazzo delle Poste Bozen: Ex Alumix
Mehr Texte von Roland Schöny

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Manifesta 7
19.07 - 02.11.2008

Manifesta 7
Franzensfeste, Bozen, Trento, Rovereto,
http://www.manifesta7.it


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