Begleichung der Schuld. In Prag tätige deutschsprachige Architekten 1900-1938.: Durchlüftete Geschichte
Als Josef Zasche 1945 Prag verlassen musste, war er 74. Der Architekt hatte gute Kontakte zum Präsidenten Masaryk gepflegt und mit Protagonisten der tschechischen Moderne wie Jan Kotera und Pavel Janák zusammengearbeitet. Zasches Verbrechen: Er sprach Deutsch. Der mutwilligen Vernichtung seines Foto- und Planarchivs musste er hilflos zusehen. Dennoch hatte Zasche noch Glück. Viele jüdische Architekten der Moderne wie die aus dem Umkreis von Adolf Loos stammenden Rudolf Wels und Kurt Spielmann kehrten nicht aus Theresienstadt und Auschwitz zurück. Der Titel der Ausstellung, die jetzt Leben und Werk dieser Architekten beleuchtet, ist nicht gerade glücklich gewählt. Vernichtung, Vertreibung, Demütigung macht eine Ausstellung nicht wieder gut. Wichtig ist die Geste. Die Schau wurde in Prag vom renommierten Architekturhistoriker Zdenek Lukes konzipiert und war dort zuerst zu sehen. Sie versteht sich als Bestandsaufnahme der deutschsprachigen Baukultur im Prag der Vorkriegszeit und unterscheidet dabei, anders als etwa die vor drei Jahren in Brünn zu sehende Ausstellung "Brno`s Jewish Architects 1919-1939", nicht nach Konfessionen und auch nicht nach architektonischem Avantgarde-Potential: Neben Größen wie Adolf Loos stehen unbedeutende konservative Baumeister. Untendenziös nähert sich das Unternehmen seinem Gegenstand ohne jenen muffigen Vertriebenenverbands-Geruch, ohne den bis vor wenigen Jahren eine Thematisierung deutschsprachiger Kultur in der Tschechoslowakei kaum möglich war. Zu groß waren die Geschichtsfälschungen auf beiden Seiten. Zu dokumentieren, dass heute eine grenzüberschreitende vorurteilsfreie Forschung stattfindet, ist das Hauptverdienst der Ausstellung. Da verzeiht man ihr auch die spröde Präsentation, die auf Kurzbiografien und Schwarzweißfotos setzt, auf Grundrisse und Pläne fast ganz verzichtet und sich vom Durchblättern des Katalogs eigentlich nur durch die Hinzugabe dreier Modelle unterscheidet.
26.05 - 31.08.2003
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