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Cult Fiction

Jedes Kinojahrzehnt braucht seinen Kultfilm. Im Fall der Neunziger war es Quentin Tarantino`s "Pulp Fiction" (1994). Der von Jürgen Müller im Taschen-Verlag herausgegebene, reich bebilderte Band "Filme der Neunziger" versammelt außerdem weitere 140 Filme, die das letzte Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts repräsentieren. In einem einleitenden Essay fasst Müller zusammen, was für ihn die Neunziger ausmacht. Zunächst bemerkt Müller den Einfluss, den das Medium Video auf die Kinoproduktion genommen hat. Da ist einmal die rein technische Möglichkeit, zurückzuspulen und sich bestimmte Szenen in Zeitlupe oder Bild für Bild anzusehen, was dazu führte, dass das Kino der Neunziger fast unsichtbare Bilder hervorgebracht hat, die erst in der Wiederholung der Wahrnehmung zugänglich sind. Fernsehen und Musikvideo haben auf ihre Weise gewirkt, als erhöhte Frequenz von Schnittfolgen etwa oder durch die Übernahme von Fernsehstoffen auf die Kinoleinwand. Waren die Filme der Achtziger gekennzeichnet durch eine Rückkehr der visuellen Opulenz, so erfährt diese Tendenz in den Neunzigern eine sinnlich Steigerung durch die verstärkte Ausstattung mit überzeugendem Sounddesign. Der Ton ist im Kino der Neunziger dem Bild oft gleichberechtigt und erzählt weiter, was in Zeiten des visuellen Overkills mit Bildern nicht mehr auszudrücken ist. Als die neue Errungenschaft wertet Jürgen Müller neben der Beschleunigung der Bilder eine nicht-lineare Erzählform, deren einflussreichste Ausprägung wir aus "Pulp Fiction" kennen. Zusammen mit einer filmischen Zitierlust, die in den Neunzigern spätestens seit der "Scream"-Horror-Trilogie Bestandteil populärer Kultur ist, ergibt sich eine reizvolle Verrätselung, ein Bilderlabyrinth, aus dem der Zuseher gar kein Entkommen wünscht. Filme wie "True Lies" (1994), "Blair Witch Project" (1999) oder "Matrix" (1999) zeigen an, dass ab den Neunziger Jahren die Konstruktion von Realität auch in die Mainstream-Produktion Einzug hält. 141 Filme versammelt dieses Buch, darunter vor allem US-Produktionen, die man zumeist gesehen hat. Daneben wäre sicher noch manches zu entdecken, selbst im US-Kino. Trotzdem ist "Filme der 90er" ein Nachschlagewerk, das keinem Cineasten fehlen sollte. Jürgen Müller: Filme der 90er, Taschen Verlag, Köln 2002, ISBN 3-8228-5722-X Siehe auch Filme der 80er
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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