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Kunstforum international

„Der Innenteil ist evolutionär verändert, aber das Cover auf revolutionäre Weise“: Mike Meiré gibt das zu Protokoll, er hat seine Agentur in Köln, hat als Art Director unter anderem für „Brand eins“ und die deutschsprachige Ausgabe von „Interview“ gearbeitet und nun Hand angelegt an das ehrwürdige, gut abgehangene, seit 1973 existierende und so etwas wie das Zentralorgan des bundesrepublikanischen Kunstgeschehens markierende „Kunstforum international“. Meiré hat also einen Relaunch zu verantworten. Tatsächlich ist er vor allem am Cover spürbar. Der Schriftzug mit der Namensnennung ist dem Suprematismus eines roten Balkens gewichen, ganz klein nur darunter das für eine Zeitschrift Allernotwendigste an Angabe. Im Gegenzug dann das Titelbild: das Foto eines 3D-Scans von Oliver Laric, der sich ja programmatisch, im Frühjahr in der Secession zu sehen, bei der Geschichte bedient. Zum Revolutionären der Außengestaltung gehört also der Klassizismus eines ehedem marmornen „Jäger mit Hund“. Das Tertium Comparationis wäre dann die Existenz im Digitalen. Die Existenz im Digitalen hat dem Kunstforum durchaus zugesetzt. Vergleicht man den aktuellen Band 242 mit einem der vielen kanonisch gewordenen Vorgänger, zum Beispiel Nummer 89 vom Frühjahr 1987, es ist die legendäre „Insel Austria“- Ausgabe, besorgt von Markus Brüderlin, dann sieht man einerseits, dass sie mit 380 Seiten exakt gleich dick sind. Zu vermelden gab es bald viel, spätestens seit Mitte der Achtziger stellen die Kunstforum-Wälzer gehörige Anforderungen an das Durchsetzungsvermögen einer Lektüre. Sogar die Anzeige auf dem Rücken schwört auf Kontinuität: Sie stammt in aller Unermüdlichkeit beide Male von der Galerie Michael Werner. Sie beweist damit so etwas wie Nibelungentreue, auf ihre Weise ist sie die einzige. Die Regsamkeit der Inserenten hat nämlich andererseits eklatant nachgelassen: Bei „Insel Austria“ beginnt der redaktionelle Teil auf Seite 71, aktuell, wenn auch mit einigen Anzeigen durchsetzt, auf Seite 2. Das „Kunstforum“ muss von seinem Nimbus leben, und der besteht in der Liste der Abonnenten. Nicht zuletzt, um den freien Verkauf anzustacheln, ist das Re-Design jetzt erfolgt. Dieter Bechtloff, der Gründer, Verleger und Herausgeber, hat die operative Tätigkeit an seine Frau und seine Tochter übergeben. Notorisch war Bechtloffs Zurückhaltung, um nicht zu sagen Klandestinität, so dass viele seiner Mitarbeiter niemals in Erfahrung bringen konnten, wie er aussieht. Ich bin seit 25 Jahren gerne Textlieferant fürs Kunstforum. Ich kenne den Chef selbst nicht persönlich, auch wenn ich immerhin, seinerseits fast ein Privileg, ein paar Male mit ihm telefoniert habe. Ein weiteres Lebenszeichen von ihm ist ein gelbes Post-It-Blättchen, drei auf fünf Zentimeter, das ich in meinem Adressbuch aufbewahre: „Rivalität kann so laufen“ steht drauf, und das ist der ganze Wortlaut für den Auftrag, einen Themenband herauszugeben: „Kunst im Licht von Konkurrenz, Neid und Rivalität“, Nummer 173, 2004. Das Kunstforum ist ein Kompendium, und kein anderer Textbestand macht derart lückenlos mit knapp 45 Jahren Kunstrepublik Deutschland vertraut. Das Kunstforum pflegt von jeher sein Laisser Faire, es war nie Kampfblatt, Kaderorgan, Kassiber, und Manifeste blieben, was sie sind, Geschichtsdokumente. Das Kunstforum zeichnet sich, mit einem Wort, durch Liberalität aus. Entsprechend ist es heutzutage ein wenig démodé. Ob ein Relaunch daran etwas ändert? Das Beste, das sich das Kunstforum von der Existenz des Internet abgesehen hat, ist zweifellos das Online-Archiv, das schlechterdings alles vorliegen hat. Das artmagazine ist dem Kunstforum, gerade, was die Durchlässigkeit der Meinungen angeht, im übrigen verwandt. Und auch bei ihm gibt es rechts oben diesen Button, gekennzeichnet mit dem Wort „Suchen“. Auch beim artmagazine bin ich gerne Textlieferant.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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