Rainer Metzger,
Gunter Damisch 1958 - 2016
Ganz am Anfang seiner Karriere, um das Jahr 1980 herum, habe er sich, so erzählte Gunter Damisch, mit einem Freund und Kollegen über die Zukunft unterhalten. Man erging sich in Projekten und Konzepten, und dann rückte der Freund mit seinem Plan heraus: Er wolle das Nichts malen. Angesichts solch schwerer Geschütze blieb Damisch nichts anderes übrig als zu kontern: Dann wolle er selbst das Alles malen.
Nun ist es schlechterdings unmöglich, das Nichts, jene großgeschriebene und groß gedachte Instanz der völligen Absenz, auf die Fläche zu bannen. Man kann die Leinwand unbearbeitet lassen, die Idee unausgeführt und den Raum leer. Man kann nichts malen, aber nicht das Nichts. Kann man nun demgegenüber das Alles malen? Wie es aussieht, hat sich Gunter Damisch tatsächlich diesem Lebenswerk verschrieben.
Es waren die Romantiker, die als erste das Übergreifende und Allumfassende vermissten, das Totum, die Berücksichtigung dessen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Sie forderten die Synthese. Wenn Gunter Damisch das Alles in Angriff nahm, um es zu malen, dann forderte er seinerseits die Synthese. Diese Synthese konnte nicht von einer Instanz geleistet werden, die von außen kommt, und sei es ein Gott. Diese Synthese ist eine Sache der Perspektive, eine Sache der Begriffe, die man von der Welt und damit von der Natur, hat. So gesehen war Damisch in einem strengen, historischen, methodischen Sinn ein Romantiker
Es war vordringlich jene Interferenz zwischen dem ganz Großen und dem ganz Kleinen, dem Makro- und dem Mikrokosmischen, den Quanten und den Quarks, in der sich auf Damischs Bildern das Ganze der Natur zu verstehen gab. Und es war vor allem jener Umschlag vom Atmosphärischen der speziellen Bedingungen, in denen die Arbeiten entstanden, zur Anmutung einer generellen Gültigkeit, die die sich aus den Assoziationen und Analogisierungen mit dem Natürlichen erschließt.
Als Gunter Damisch zu seiner Karriere kam, vollzog sich der Take Off im Schlepptau der wilden Malerei. Längst haben sich die Positionen, die damals unter einer einzigen Etikettierung daherkamen, ausdifferenziert. Damisch hatte sein Alleinstellungsmerkmal in der Bedachtheit auf die Leaves of Grass des Kreatürlichen. Er war Professor an der Akademie am Schillerplatz und seit Langem Zentralfigur der Wiener Szene. Nicht zuletzt war er ein ausnehmend sympathischer Zeitgenosse. Viel zu früh ist er am Samstag gerade 58jährig verstorben. Der notorische Schlusssatz von Nachrufen kommt hier ganz von Herzen: Gunter Damisch wird fehlen.
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