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Marga Persson - Der Zeit entlang: Gemalt wie gewebt, Striche wie Fäden

Welches Bild vermutet man zu dem Titel „1992, Summer-war-time“? – Welche „Bilder“, Assoziationen lösen diese Worte aus? - Marga Persson zerriss ungrundierten Baumwollstoff in handbreite Streifen und flocht daraus eine Art Leinwand, aufgespannt auf Keilrahmen: Kreuz und quer, nach der Separierung neu strukturiert, wohl kleine Lücken bildend, doch als neue Einheit. Diese plane Oberfläche wurde einfarbig in Pastellton lackiert. - Eine weitere Variante zum Thema Monochromie also, - doch der Titel verweist auf den Bosnienkrieg. In der aktuellen Ausstellung von Marga Persson (* 1943) im Museum Angerlehner ist dieses Leinwand-Bild eine Ausnahme. Vielmehr widmet sie sich vorwiegend einer Werkserie, die im Sommer 2007 begann, akribisch, konzentriert, ordnend, Strich für Strich mit Tuschfeder bzw. Pinsel auf kostbarem Papier. Natürlich dürfen einige Gobelins nicht fehlen, die nach wie vor die hohe Schule innerhalb der Textilkunst repräsentieren. Und Marga Persson hat nicht nur als Textilkünstlerin an der Hautlisse, dem Hochwebstuhl, viele Gobelins geschaffen, sondern diese Disziplin als Professorin fast zwanzig Jahre als Leiterin der Meisterklasse Textil bzw. der Abteilung Textil/Kunst&Design an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz weitertradiert. Der langgestreckte, zweigeteilte Raum wirkt eher ruhig, farblich und gestisch eher zurückgenommen*), kaum etwas sticht sofort ins Auge außer, selbstredend, große, kontrastreiche Formate und eine zentrierte, eher expressive 5er Serie. Aber selbst bei diesen liegt der Clou in der Binnenstruktur, denn genauer betrachtet, beginnen sie in sich zu fluktuieren, changieren. Bei anderen Bildserien herrscht ein klares Rastermotiv vor, feinfädig, engliniert, Schwarz-Rot, Schwarz-Ultramarin. Jedoch ist es nicht ein technisch-exaktes Rastersystem mit Lineal und Fineliner, sondern – wie Marga Persson im Tagebuch vermerkt: (ich) … ziehe wieder Linie um Linie – sisyphusähnlich - und versuche das mit der Hand Unmögliche: Gezeichnete Strukturen zu erzeugen, die ganz gleich sind, voneinander nicht zu unterscheiden. Unwillkürlich drängt sich der Vergleich zu handgesponnenem Garn und der Struktur von Bauernleinen auf… bis die Maschinen kamen. Ab Sommer 2007 entstanden diverse Serien von Zeichnungen in einer Art Selbstschau und Weltschau, in einer Zeit des Übergangs und von Spannungen, die in diesen Bildern in geregelte Bahnen gelenkt werden sollten. Konzentriert, kontemplativ, der elementaren Formel folgend: senkrecht/waagrecht. Und Marga Persson staunt selbst, welche Vielfalt an Möglichkeiten und Kombinationen, Verdichtungen, Kreuzungen und Nähten sich in der Folge ergeben. Je nach Stimmung und Tagesverfassung - es ist für sie auch eine physische Herausforderung, diese korrekte Pinselführung bis fast einen Meter durchzuhalten – wird nicht nur geordnet, sondern es werden Löcher und “zerschlissene” Stellen offengehalten, Risse nicht verbunden, fädige (Wellen-)Linien flottierend eingezogen und filzig-pelzig wirkende Flächen eingebracht. Das führt dann auch zu Bildtiteln wie “Fremdkörper” (Sept 2009), “Shots/Aus dem Glashaus” (Juli 2009) oder “Scanning the Evil” (2009/10), die vielleicht auffälligste Serie, in der blattfüllende “Bann”-Kreise über dem schwarzen Raster dominieren. Tagebuchartig ist auch die Publikation Marga Persson – eine andere fortsetzung aufgebaut, in der die Arbeiten zwischen 2007 und 2011 chronologisch gereiht präsentiert werden. Inklusive persönlicher Notizen, etwa: “verwende Seidelbastpapier, das die Stimmung und die chaotische Struktur in der Natur widerspiegelt – Herbstsonntag und Herbstgarten –“, die die Zeitreise der abstrakten Bilder erläutern. Und der Band bietet zwei Betrachtungsweisen auf die Arbeiten. Zuerst wird jedes Bild in Großaufnahme auf einer Seite vorgestellt, in der Folge im Kleinformat in der Zusammenschau der Serie, zu der es gehört. Dieser doppelte Sinn macht Freude. Die Ausstellung hat den Titel Der Zeit entlang, eine indirekte Referenz zur ersten Publikation mit Arbeiten Marga Perssons (beide: Verlag Bibliothek der Provinz), nämlich Der Zeit entlang: Arbeiten 1987-2007. Und diese Publikation hat als Cover das eingangs beschriebene Bild aus 1992, by the way. -- *) v. a. im Vergleich zu den anderen Künstlern, die gleichzeitig im Haus vertreten sind: Bernd Zimmer, der Farbgewaltige, Erich Steininger, der Figurenintensive und Josef Schwaiger, der Farbchemiker.
Mehr Texte von Aurelia Jurtschitsch

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Marga Persson - Der Zeit entlang
12.12.2015 - 08.05.2016

Museum Angerlehner
4600 Thalheim bei Wels, Ascheter Straße 54
Tel: +43 7242 22 44 22 - 0
Email: office@museum-angerlehner.at
http://www.museum-angerlehner.at
Öffnungszeiten: Sa 14.18, So 10-18 h
Mo-Fr nach Vereinbarung für Gruppen


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