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ARTmART 2015: Das ist doch nicht der Markt! – oder doch?

Rund 2.500 Kunstwerke zu je 80 Euro. Die sich daraus ergebende Summe ist nur ein Bruchteil der Gebühren, die das Chinesische Sammlerpaar Liu Yiqian und Wang Wie an das Autkionshaus Christie`s zahlen musste, bevor sie den "Liegenden Akt" von Amedeo Modigliani ihr Eigen nennen konnten. Dennoch ist das Spiel um den Kunstmarkt aktuell auch im Wiener Künstlerhaus ausgebrochen und wie bei den richtig großen Kunstmessen sind die Gänge und Säle des Hauses schon Minuten nach der Eröffnung um 13 Uhr ausgesprochen gut gefüllt mit einem interessierten und zu einem großen Teil auch wirklich kauflustigen Publikum. Eigentlich wurde ARTmART 2007 von Georg & Dimitrios Georgakopolous (cheapart gallery, Athen), Christian Rupp und eSeL im Künstlerhaus Wien initiiert um dem damaligen Kunstmarktboom eine Alternative entgegen zu setzen. Gleiche Bedingungen, also gleiche Fläche, für alle Teilnehmenden und ein einheitlicher Verkaufspreis von 80 Euro soll sowohl etablierte KünstlerInnen und Newcomer zusammenbringen und ein niederschwelliges Angebot einem möglichst breiten Publikum bieten. Die aktuelle, vierte Ausgabe macht aber schnell klar, dass der Kunstmarkt es derzeit schafft, alle alternativen Konzepte in sich aufzusaugen. Ein Kunstwerk um 80 Euro von bekannten KünstlerInnen ist schließlich keine große Investition. Und so sind nach rund einer dreiviertel Stunde die überarbeiteten Fotografien von Franz Graf schon weg, eine Arbeit von Oswald Oberhuber wäre noch zu haben, aber die kleine Wandskulptur mag nicht so recht überzeugen. Einige Projekte schaffen es aber doch, den Kunstmarkt und die Fixierung auf das Geld subtil zu unterlaufen. Unter dem Label ¥€$_$¥R arbeitet der syrische Künstler Osama El-Siamant mit Flüchtlingen seines Künstlerkollektivs. Sie produzieren während der Dauer von ARTmART vor Ort Geldscheine mit Buntstiften die dann gegen eine Spende zum Nominalwert angeboten werden. Alle Erträge fließen direkt in die Flüchtlingshilfe. Geld ist auch das Thema der Gruppe punkaustria, die bisher vier KünstlerInnen (Michael Aschauer, Leo Schatzl, Deborah Sengl und Oona Valarie) gebeten haben, die „Giblings“ zu Gestalten. Das sind Geldscheine, die als Regionalwährung bei Partnerbetrieben als Zahlungsmittel akzeptiert werden. (Infos unter www.punkaustria.at) Den Wert einer Künstlerkarriere hinterfragen Iv Toshain (die auch mit eigenen Arbeiten vertreten ist) und Matthias Makowsky indem sie ein „Werk“ ihres gemeinsamen Sohnes Alex Sky zeigen, der heute am Eröffnungstag genau sechs Monate alt ist. Anna Vasof hat eine Art Sparmaschine gebastelt, die Münzen per Fußpedal in Sparschweine befördert, sie beim Loslassen des Pedals allerdings wieder herauszieht. Mit dem Lotto vergleicht Luis Lipp den Kunstmarkt. Er hat für seinen Beitrag acht Lottoscheine gekauft mit denen ein Zufallstipp bei den Ziehungen heute am 18. und am Sonntag dem 22. November gespielt wird. Einen eher ephemeren Wert hat auch das Kunstwerk das Rick Lins anbietet: für 80 Euro kann man einige Millimeter einer Linie erwerben, die Lins sich auf seinen Körper tätowieren lässt. Eine Liste der bisherigen Sammler der „body line“ ist verfügbar, allerdings bekommen diese die Linie nicht zu sehen. Ausschließlich Kuratoren dürfen die Tätowierung begutachten, sollte sie in einer Ausstellung „gezeigt“ werden. Die Problematik von Flüchtlingen kommt in zwei weiteren Projekten zum Tragen. Die Initiative „kültür gemma!“, die migrantische Kulturarbeit unterstützt, stellt drei StipendiatInnen beim ARTmART aus. Die interessanteste Position davon ist die von Stephanie Misa. Sie beschäftigt sich anhand von Archivmaterial mit der (Kolonial)geschichte ihres Heimatlandes, den Philippinen. Der in Damaskus geborene Künstler Mehgar Sawar kam vor vier Monaten als Flüchtling nach Österreich. Jetzt kann er durch die Unterstützung der Caritas wieder produzieren. Er zeigt kleine Skulpturen aus verbrannten Elektrokabeln. Dass sich seine Erlebnisse in den Werken widerspiegeln ist unverkennbar und auch wenn die Kunstwerke recht konventionell anmuten, so ist für ihn vielleicht doch eine Weiterführung seiner in Syrien begonnenen Kunstausbildung möglich. ARTmART ist ein fröhlich-buntes Ausstellungsformat, das zeigt, dass der ach so böse Kunstmarkt auch Spaß machen kann – und soll.
Mehr Texte von Werner Rodlauer

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ARTmART 2015
18 - 22.11.2015

ARTmART
1010 Wien, Künstlerhaus, Karlsplatz 5
http://artmart.info/
Öffnungszeiten: Do-Sa 13-21, So 13-20 h


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