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Biennale anders denken

Mit der nach einigen Komplikationen verspätet, aber schließlich erfolgreich eingelösten, zweiten Kiew Biennale bedienen sich die KuratorInnen Hedwig Saxenhuber und Georg Schöllhammer eines diskursiven Modells, das neben einer auf zahlreiche Orte der Stadt verzweigte Ausstellung ein siebenwöchiges Diskussions- und Veranstaltungsprogramm vorsieht, um gegenwärtige Positionen von Kunst im Kontext historischer und gegenwärtiger geopolitischer Veränderungen neu zu denken und dabei einstige bipolare Sichtweisen aufzulösen. Dieses Diskurs- und Ausstellungsformat wird in Folge an Orten wie Athen, Berlin, Karlsruhe, Köln, Leipzig und schließlich Wien fortgeführt um dadurch weitere Reperkussionen zu erzielen. Unter dem Titel „The School of Kyiv“ definieren sechs Schultypen Themen wie Realismus, Landschaft bis zu politischer Geiselnahme, die sich durch die Ausstellungs- und Veranstaltungsformate ziehen. Als kunsthistorischer Anknüpfungspunkt gelten zahlreiche Referenzen auf das Werk des gebürtigen Kiewers Kasimir Malewitsch, der für viele der gezeigten Werke Pate stand. Yves Netzhammer etwa konzipierte für die Lavra Galerie eine neue Dreikanal Video- und Rauminstallation, die sich auf Malewitsch‘ Formensprache bezieht und mit aktuellen Körper- und Politdiskursen und den ihnen inhärenten Formen von Gewalt verschränkt. Als zentraler Ausstellungsort, inmitten dessen auch die Podien stattfinden, dient das „House of Clothes“ am Lvivska Platz, der einst als Zentrum des alten Kiews galt. Hier zu sehen etwa die neue Videoarbeit von Anna Daučíková, die in die sich durch die gesamte Biennale ziehende Architektur von Johannes Porsch präzise eingepasst ist. Daučíková s architektonische Referenzen beziehen sich wiederum auf die verschachtelte Ziegelverfliesung an den Fassaden von Kiewer Häusern sowie auf das geistige Erbe des Kiewer Philosophen und Künstlers Valery Lamakh. Manuel Pelmuş interveniert kritisch mit einer Live Performerin während der Öffnungszeiten in den Ausstellungsräumens des ukrainischen Nationalmuseums, in dem sich auch William Kentridges Mehrkanalvideoinstallation basierend auf der Kurzgeschichte „Die Nase“ von Nikolai Gogol befindet. Neben einer Fokussierung auf ukrainische Geschichte, Kunst und Politik und ihren aktuellen Verflechtungen weist die Präsenz österreichischer KünstlerInnen ebenso eine gewisse Dichte auf. Vertreten sind Josef Dabernig, Ines Doujak, Heinz Frank, Franz Kapfer, Toni Schmale, Tanja Widmann, Hannes Zebedin und Anna Jermolaewa, die an die russische Grenze fuhr um die Auswirkungen des Reaktorunfalls im nahe gelegenen Tschernobyl auf die Natur zu untersuchen. Während sich andere Biennalen vorwiegend mit einer Liste international geläufiger Namen zu behaupten versuchen, geht diese Version mit über 100 Positionen in subtiler Weise auf gegenwärtige Problematiken ein und versucht, das Format der Biennale und damit die Stellung der Gegenwartskunst für den lokalen Standort konkret mitzudenken. -- The School of Kyiv Kyiv Biennial 2015 08.09.2015 - 01.11.2015 theschoolofkyiv.org
Mehr Texte von Walter Seidl

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