Nach Kippenberger: Martin der Schreckliche
Enfants terribles sterben nicht. Selbst wenn sie tot sind, lebt die Legende frisch wie am ersten Tag. Das ist nur eine der wenig überraschenden Erkenntnisse, die die Ausstellung "Nach Kippenberger" im Mumok birgt. Eine andere ist, dass der weitgehend als "Maler" bezeichnete Provokateur und Selbstdarsteller ein vielseitiges multimediales Werk hinterlassen hat, das durchaus konzeptuelle Züge trägt.
Weniger nachvollziehbar ist die These der Ausstellung, wonach ausgerechnet der architektonische Raum das Paradigma der kippenbergerschen Kunst sein soll. Sicher, es gibt plastische, ja geradezu architektonische Arbeiten. Es kommen auch Architekturen auf Bildern vor. Trotzdem erweist sich der theoretische Bauversuch als Fehlkonstruktion. Vielleicht hat man ja auch nur nach einem Mittel gesucht, Martin Kippenberger vom Image der peinlichen Skandalnudel zu befreien und ihm postum die Mittlere Museumsreife zu überreichen. Dabei ist diese Peinlichkeit jener ausgesprochene Bestandteil von Kippenbergers Kunst, der ihn längst seinen Weg in den Museumsolymp finden ließ.
In der Nachfolge von Dada und Fluxus stehend, behandelte der 1953 geborene und 1997 in Wien verstorbene Kippenberger Themen aus Gesellschaft, Politik und Alltag mit lässiger, ironischer Bissigkeit und dem schon erwähnten steilen Hang zum Peinlichen, der für ihn so essentiell war, dass er selbst vom Betrachter verlangte, sich die Hände daran schmutzig zu machen. Seine Antibürgerlichkeit äußerte sich in einer antiästhetischen Radikalität, mit der er herkömmliche Werte und Normen einfach ad acta legte. Freche Sprüche wie "Ich weiß nicht, wie oft wir noch das Wort Kitsch in den Mund nehmen dürfen, vielleicht hören wir dieses Jahr damit auf" ersetzten einen theoretischen Überbau. Ebenso bierernst-erdig sind die Arbeiten.
Das Mumok zeigt eine schöne Auswahl. Angesichts des selbst- und kunstbetriebsironischen Klassikers "Martin, ab in die Ecke und schäm dich", einer lebensgroßen, bekleideten Porträtskulptur des Künstlers, die mit dem Gesicht zur Wand in einer Ecke steht, und vieler anderer Bilder, Zeichnungen, Plakate, Installationen und Skulpturen durchlebt man jäh einen weiteren Erkenntnisschub: Kunstbetrachtung kann Spaß machen! Martin sei Dank.
12.06 - 31.08.2003
mumok - Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
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