Margot Pilz - Meilensteine: Kunst. Weiblich. Unangepasst.
Noch bis März ist eine Retrospektive der österreichischen Künstlerin Margot Pilz im Wiener Stadtmuseum MUSA zu sehen.
Pilz, die 2016 ihren 80. Geburtstag feiert ist eine österreichische Ikone feministischer Kunst. Mit ihren Arbeiten entzog sie sich gekonnt allzu eindimensionaler Zuschreibungen. Sie begann in den 70er Jahren als Fotografin und Performerin zu arbeiten und inszenierte feministische Happenings, die sie fotografisch gestaltete. Schon früh beschäftigte sich Pilz mit Computerkunst, und nützte auch die künstlerischen Möglichkeiten des Films.
Das MUSA zeigt nun an Hand von frühen Fotografien den Werdegang von Margot Pilz und illustriert mit Hilfe von Objekten wichtige Stationen ihrer Künstlervita.
Im Eingangsbereich steht eine Art „Stockbett“, das ihrer Installation „Once Upon my Time Java 1942“ entnommen ist. Diese war 2014 im Künstlerhaus zu sehen. Darin thematisiert die Künstlerin ihre dreijährige KZ-Erfahrung als Kind im Lager Lampesari auf Java. Die prägende Zeit ist in der Ausstellung im Musa nur in Form dieses Bettes angedeutet. Tondokumente können dazu mittels Kopfhörer gehört werden. Diese Erfahrung, die erst in Pilz späterem Werk eine explizite Äußerung erfuhr, bildet eine wichtige aber verdrängte Grundlage für die in jungen Jahren entstandenen Werke.
Die Künstlerin studierte in den fünfziger Jahren Werbefotografie an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien und heiratete jung den Bildhauer Fritz Pilz. In den ersten Jahren arbeitete Margot Pilz als Werbefotografin und führte bis 1978 ein eigenes Werbestudio in der Zieglergasse. Bereits zu dieser Zeit entstanden fast beiläufig erste künstlerische Arbeiten, wie „Impressionen zu einem Gespräch mit Sandor Baron Szegedy“ von 1975, die auch in der Ausstellung zu sehen sind. Fritz Pilz restaurierte damals die Pestsäule in Eberau und Margot begleitete ihn und fotografierte. Unter anderem lichtete sie einen einsamen Kirchgeher ab, der sich als Baron aus Ungarn vorstellte und den sie mehrmals zum Gespräch traf. Daraus entstand ein zehnteiliger schwarz-weißer Fotozyklus mit Textteilen. Diese frühe konzeptionelle Verknüpfung von Schrift und Bild war neu in Wien und sollte bestimmend für ihr Werk werden.
1978 trat Margot Pilz der Int.Akt (Internationale Aktionsgemeinschaft bildender Künstlerinnen) bei und nahm als Aktivistin bei einem Frauenfest teil, wo sie wegen unbotmäßiger Äußerungen verhaftet und misshandelt wurde. Ein langer Rechtsstreit war die Folge.
Eingang fand dieses Ausgeliefertsein an staatliche Gewalt in den Arbeiten „Sekundenskulpturen“ und dem Zyklus „Selbstauslöser-Selbstauslöschung“ 1978, in dem Margot Pilz sich mit Selbstauslöser in wechselnden kauernden Posen fotografierte und dabei abwehrende und schmerzhafte Haltungen annahm. Am Ende des Zyklus bleibt ihre Jacke verwaist auf dem Boden zurück. In einer anderen Fotografie lässt Pilz die Beine eines Frauenkörpers durch lange Belichtungszeit unsichtbar erscheinen, aus dem Weiß erhebt sich ein verschnürter Oberkörper, der hängende Kopf ist dunkel gehalten.
Auch das „weiße Zellenprojekt“ von 1983, an dem sie neben ihr auch befreundete Künstler teilnahmen, verhandelt die Enge und das Ausgeliefertsein in einer Begrenzung: Es handelt sich dabei um zwei 15cm dicke Platten in der Körpergröße von Margot Pilz - 165cm – die von den Künstlern unterschiedlich zusammengestellt wurden. Mal kauerte die Protagonistin unter der Last der Wand. Mal stellte sich Bodo Hell mit Mehl bestäubt, in einem Kreis auf, der sich nach den vier Himmelsrichtungen ausrichtete.
Nicht zuletzt sei hier auch auf eine gewisse Heiterkeit und Leichtigkeit in Margot Pilz` Arbeiten verwiesen. Davon zeugt die elfteilige Fotoserie „4th Dimension“ 1979-80, in der sich die Künstlerin neben ihrem Mann auf Hockern sitzend mit Selbstauslöser fotografierte. Je nach Belichtungszeit entschwindet mal mehr der Mann dann wiederum die Frau aus der Fotografie. Am Schluss bleiben die Hocker umgekippt im Raum zurück. Eine sinnlichere Paraphrase auf eine Mann-Frau Beziehung kann man sich kaum vorstellen.
Parallel dazu, auch 1979, entsteht mit ihrem Liebhaber Franz die Fotoarbeit „My Strong Women Number“, ein vierteiliger Zyklus in dem anfänglich das nackte Paar sitzend der Kamera entgegen blickt. Am Schluss ist nur mehr die angezogene Margot Pilz neben dem in Weiß aufgelösten Mann zu erkennen.
Auch sei hier an ihre Kunstaktion „Kaorle am Karlsplatz“ von 1982 erinnert, die damals großen Anklang fand und die in den künstlichen sandigen Stränden am Donaukanal im Sommer heute noch weiterlebt.
Die überzeugendste Arbeit aber ist Margot Pilz Werdegang an sich. Der Werdegang einer aufrechten, weiblichen, intelligenten und humorvollen Künstlerin, die in ihren Arbeiten zu sinnlichen und erhellenden künstlerischen Lösungen kommt und die in der knospenden Freiheit des Österreichs der 70er Jahre ihrer Zeit um Vieles voraus war.
18.11.2015 - 05.03.2016
MUSA
1010 Wien, Felderstraße 6-8, neben dem Rathaus
Tel: +43 (0)1 4000 8400, Fax: +43 (0)1 4000 99 8400
Email: musa@musa.at
http://www.musa.at
Öffnungszeiten: Di - Fr: 11:00 - 18:00, Do: 11:00 - 20:00, Sa: 11:00 - 16:00 Uhr