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Alf Poier: „Die Ausführung ist mir vollkommen egal“

Das Kunstforum Wien stellt Alf Poier als Maler vor. Gezeigt werden vor allem jene Werke, die der Kabarettist ursprünglich für die Bühne geschaffen hat. Das artmagazine hat den Newcomer am Kunstmarkt befragt. JOHANNA HOFLEITNER Herr Poier, man kennt Sie vor allem als Kabarettist und Musiker. Nun stellt das „Kunstforum Wien“ als erste größere Kunstinstitution Ihre bilderische Produktion vor. In welchem Verhältnis steht die Malerei zu Ihren anderen künstlerischen Aktivitäten? ALF POIER Gemalt habe ich eigentlich schon lange, bevor ich mit dem Kabarett begonnen habe. 1990/1991 habe ich mir in Graz aus einer Regung heraus Farben und Leinwände gekauft und angefangen, wie ein Wahnsinniger mit Farben herumzuschütten und zu experimentieren. Dazu spielte ich Schlagzeug und wollte die Rhythmen malen. Fünf, sechs Jahre später ist dann alles in meinen Kabarettprogrammen zusammengeflossen. 1997 habe ich die Bilder erstmals auf der Bühne gezeigt. Ist eine Trennung der verschiedenen Disziplinen für Sie zulässig? Ich sehe mich nicht explizit als Musiker, Maler und Kabarettist, sondern vielmehr als Querdenker – als moderner Heyoka. Das waren bei den nordamerikanischen Indianern „Verkehrtgeborene“, die zum Beispiel verkehrt auf dem Pferd sitzen mussten. Sie waren dazu da, bei rituellen Veranstaltungen alle zum Lachen zu bringen und immer eine gegenteilige Meinung in den Raum zu werfen – egal, ob sie diese vertraten oder nicht. Wichtig daran war zu zeigen, dass es viele Möglichkeiten des Denkens gibt. Interessiert Sie die Figur des Hofnarren? Vielleicht. Vor allem aber habe ich mich viel mit asiatischer Philosophie, mit Mystik und Zen-Buddhismus beschäftigt, weil ich in der Begrifflichkeit nicht fündig geworden bin. Mein Leitsatz ist: Die Welt ist ein a-begriffliches Konstrukt, das nur durch eine momentane radikale direkte Erfahrung wahrgenommen werden kann. Aus dieser Erkenntnis heraus habe ich begonnen, Begriffe radikal zu verdrehen, weil ich gesehen habe, dass die Sprache nicht in der Lage ist, eine Erfahrung so abzubilden, wie sie uns wirklich erscheint. Also ein sprachkritischer Ansatz? Ja, allerdings nicht in einem literarischen Sinn, sondern aus einer metaphysischen Verzweiflung heraus. Ich fand – nachdem ich aus der Kirche ausgetreten bin – auch kein anderes Glaubenssystem, so dass ich in die Mystik hineingeglitten bin. Es hat mir Spaß gemacht, alles zu verdrehen und die Begriffe anders darzustellen. Damit bleiben Sie, auch wenn Sie die Begriffe verdrehen, allerdings immer noch bei der Sprache. Nachdem ich nicht wusste, „Was soll man sagen? Was muss man sagen? Was darf man sagen?“ und ich auch kein dogmatisches System im Kopf hatte, habe ich mich für das Absurde entschieden, weil es nicht widerlegbar ist, was sich wiederum selbst widerlegt, indem es absurd ist. Kehren wir zur Malerei zurück. Nun, abgesehen von meinen Bühnenauftritten habe ich nebenher immer gemalt. Vor allem in der abstrakten Malerei kann man sich von diesen Begrifflichkeiten komplett loslösen. Sie malen auch abstrakt? Im Kunstforum liegt der Schwerpunkt aber vor allem auf gegenständlichen Arbeiten. Ja, diese Arbeiten kennt man nicht so. Im Abstrakten fällt für mich jede Begrifflichkeit weg. Dabei geht es gar nicht darum, was ich mit dem Bild aussagen will, sondern darum, was das Bild über mich aussagt: Welche Farben werden verwendet? Welches Rot, welches Blau? Gibt es das Rot auch in Blau, das Gelb auch in Grün? Wie verhalten sich für Sie Gegenständlichkeit und Abstraktion zueinander? Ich mache das, was mir naheliegend erscheint, und will in kein Schema gepresst werden. Wenn ich eine konkrete Idee habe wird es gegenständlich, wenn ich keine konkrete Idee habe, wird es abstrakt. Meist male ich abstrakt, wenn ich einen Energieüberschuss habe, zum Beispiel nach einer längeren Tournee. Das sind dann eher größere, schnell gemalte Arbeiten, während die gegenständlichen Arbeiten fein gezeichnet sind und mir viel mehr Geduld abverlangen. Um bei den gegenständlichen Arbeiten zu bleiben: Woher kommen die Ideen für Ihre Motive? Oft kommen sie, wenn ich durch die Stadt fahre. Ich habe sie im Kopf, und wenn die Zeit reif ist, gehe ich ins Atelier und bringe sie auf Leinen. Den Zeichnungen liegen häufig Wortspiele zugrunde, die ich gern auf Zetteln notiere und in einer Kiste sammle. Dabei ist mir die Ausführung vollkommen egal. Es geht mir rein um die Idee, sie muss ersichtlich sein. Sehen Sie Ihre Arbeiten auch als Bühnenbilder für die Kabarettprogramme? Sie sind ein Teil davon. Wenn ich ein Programm mache, leere ich meine Ideenschachtel aus und überlege: Was sind Inhalte? Woraus mache ich ein Lied? Und was male ich? Die Bilder hingegen, die ich für mich male, habe ich nur im Kopf, die Spiegeleier zum Beispiel, die für mich der Ausdruck des Absurden schlechthin sind, oder die Zebras. Manchmal sind es Aufarbeitungen, für die ich Jahre brauche. Haben Sie Malerei studiert oder sind Sie Autodidakt? Ich habe nichts gelernt. Ich habe die Handelsakademie gemacht und zwei Jahre am Konservatorium Schlagzeug gespielt. Sonst nichts. Das, was ich auf Leinen oder Papier bringe, muss für mich in sehr kurzer Zeit ersichtlich und erspürbar sein. Die Technik spielt für mich keine Rolle, die Idee steht im Vordergrund. Die galerie GALERIE, von der Sie vertreten werden, hat auch einen starken Art Brut-Schwerpunkt. Sehen Sie darin eine Verwandschaft zu Ihrer Kunst? Ich kann damit schon etwas anfangen. Manche Arbeiten erinnern mich auch an meine eigenen Werke. Grundsätzlich bin ich auch dem Surrealismus und Dadaismus zugeneigt. Haben Sie Vorbilder? Ich bin kein Nachahmer. Ich habe meine Kunst gemacht und irgendwann hat jemand gesagt, das ist dadaistisch. Da habe ich erst begonnen mich damit zu beschäftigen und nachzulesen, was Dadaismus ist. Künstler, die ich sehr schätze, sind Helge Schneider oder Salvador Dalì, ich mag aber auch die abstrakten Bilder von Gerhard Richter. Sehr interessiert mich auch Jonathan Meese, vor allem als Figur, ebenso Joseph Beuys, Franz Marc und natürlich Karl Valentin, bei ihm geht mir das Herz auf. -- Zur Ausstellung erschient ein Katalog: Alf Poier 123 Meisterwerke Verlag Seifert Noch bis zum 23. Mai sind in Arbeiten von Alf Poier zu sehen in der: galerie GALERIE 1010 Wien, Himmelpfortgasse 22 www.galeriegalerie.com
Mehr Texte von Johanna Hofleitner

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Alf Poier
13.05 - 12.07.2015

Tresor im Bank Austria Kunstforum
1010 Wien, Freyung 8
Tel: +43 1 537 33 26, Fax: +43 1 537 33 18
Email: office@bankaustria-kunstforum.at
http://www.bankaustria-kunstforum.at/
Öffnungszeiten: täglich 10-19, Fr 10-21 h


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