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Oliver Boberg, Neue Orte: orthodoxeste Conceptual Art

Der Fotograf ist ein Profi. Daß er sein Handwerk beherrscht, erkennt man an der strengen Orthogonalität seiner Fassaden, bei der nichts stürzt und nichts pendelt, an der strikten Neutralität der Lichtgebung, die alles Diffuse und ebenso alles Kontrastreiche völlig verbannt hat, an der puren Konzentration auf das eine und einzige Motiv eines Treppenabgangs, einer Hausecke oder auch einer Schutthalde, bei der kein unvorgesehenenes Detail stört. Der Fotograf ist ein Profi, und die Ästhetik, nach der er seine Lichtbilder inszeniert, zeigt ihn verwandt mit einem Thomas Struth und den diversen anderen Absolventen der Becher-Schule. Volker Rudolph, so heißt der Fotograf, ist ein Profi. Wir aber haben hier von Oliver Boberg zu reden, und so heißt der Künstler, zu dessen Bildern Volker Rudolph der Fotograf ist. Boberg hat mit anderen Worten einen Professionellen engagiert, der die Szenarien festhält, zu denen Boberg der Designer ist. Man sieht erst auf den zweiten Blick, daß die Kamera auf Nachgebautes gerichtet war, dann aber ist der Effekt perfekt. Fotografie heißt wörtlich \"Zeichnen mit Licht\", im Begriff \"Design\" steckt das Prinzip Zeichnen nicht minder, und so begegnen sich in Bobergs Methode zwei verschiedene Vorstellungen dessen, was Entwerfen, Gestalten, Ausführen meint. Daß hier einer bastelt und Realitätspartikel mit Pappe, Kleister, Farbe nachstellt, ist nur die Grundlage von Bobergs Investigationen in Sinn und Sachverhalt von Bildern. Daß er die konkrete Herstellung delegiert, ist dann konsequent. Boberg, geboren 1965, im bayerischen Fürth daheim, ist allein deshalb kein Fotograf, weil ihm augenscheinlich die Zufälle und Abschweifunngen, die beim Lichtbild immer mitregieren, gründlich unsympathisch sind. Bobergs Modelle sind das angestrengte Verfahren, die Möglichkeit auszuschließen, daß etwas auch anders sein könnte als es gerade ist. Wäre Boberg Fotograf, so wären derlei Ausschlußverfahren eine Donquichotterie. Doch Boberg ist offenbar eine Art Klassizist. Die Wirklichkeit als Realismus bleibt in strengster Observanz ausgeschlossen. Die Wirklichkeit als Prozessualität dagegen ist das Non-Plus-Ultra, ist das psychologische Motiv seiner Bilder. Es geht um Herstellung, um Produktion im pursten Sinn. Disegno, der uralte Begriff für die Essenz des Künstlerischen, kommt zu unerwarteter Renaissance: Wichtig ist allein das Umkreisen einer Idee. Bobergs Arbeit, so scheint es, ist orthodoxeste Conceptual Art.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Oliver Boberg, Neue Orte
16.09 - 18.10.2001

Galerie Karin Sachs
80333 München, Augustenstraße 48
Tel: +49 89 201 12 50, Fax: +49 89 201 12 50
Email: Galerie.Karin.Sachs@gmx.net
http://www.galeriekarinsachs.de
Öffnungszeiten: Di-Fr 13-18, Sa 12-16 h


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