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Michael S. Riedel, Achim Lengerer: Christopher Wool Um die Ecke gelesen

Wer zur Eröffnung der Ausstellung \Christopher Wool\ in die Galerie Senn spazierte, fand sich vor verschlossenen Türen wieder. Vor der Galerie plazierte grüne Liguster verströmten eine sakrale Atmosphäre, eine Fahne mit der Aufschrift Secession wehte im Wind. Doch wer denkt, daß hier die Kunst zu Grabe getragen wird, der irrt. Vielmehr reift ein Konzept heran, das - erraten - sich um die Ausstellung Christopher Wools in der Secession dreht. Durch den Begleittext von Roberto Ohrt und ein Telefonat mit dem Künstler Achim Lengerer erfährt man schließlich mehr über das Projekt. Geplant ist von den Künstlern sich mit Micro ausgerüstet unter eine Secessionsführung zu mischen, Zwischenfragen zu stellen, diese mitzutapen und auf die Galeriewände zu transkripieren. Doch man muß sich noch einige Tage gedulden. Währenddessen trifft man auf den Künstler Michael S. Riedel, dem - immer mit eingeschaltenem Micro unterwegs - kein Wort verloren geht. Unverkennbar kreist hier alles um das Spannungsfeld Reproduktion-Original-Kopie. Endlich ist es so weit. Keine satte Schwärze sondern dezente graue Buchstabenmuster bemächtigen sich der Worte, bilden entlang der Wände eine blockartige Syntax. Die Holprigkeit des sprachlichen Ausdrucks bleibt durch die direkte Transkription nicht verborgen. Wir üben uns darin um die Ecke zu lesen und erfahren Süffisantes über die Tradition der Secession als demokratisches Forum der Künste. Immer wieder von Höflichkeitsfloskeln im Jargon des Wiener Schmähs durchbrochen, bleiben auch makabre Stellen nicht ausgespart und geraten ins Absurde. Geht man davon aus, daß die Struktur der Kopie über die Fähigkeit verfügt das historische Gedächtnis zu verändern, so vollzieht sich hier ein gegenläufiger Effekt. Obwohl die Ausstellung als Kopie konzipiert ist, stellt sich ein Bewußtsein von Jetztzeit ein. Die Zeit steht still. Auf eigentümliche Weise huscht ein Bild vorbei, läßt das Wahre auf das Falsche treffen. Die heterogene optische Situation korreliert so mit der Zeiterfahrung und macht für einen Augenblick erkennbar, was für die Gegenwart von Relevanz ist.
Mehr Texte von Ursula Maria Probst

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Michael S. Riedel, Achim Lengerer
18.09 - 10.11.2001

Gabriele Senn Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1 a
Tel: +43 1 585 25 80
Email: office@galeriesenn.at
http://www.galeriesenn.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-17h, Sa 11-14h


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