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Vom Reiz alter Bücher

Manch einer hat sie noch vor Augen, die Bibliothek aus Umberto Ecos "Der Name der Rose", ein Hort von hunderten in Leder gebundenen Folianten. Für Bibliophile ein paradiesischer Zustand, nur, wie kommt man zu solch einer Bücherpracht ? Man fängt klein an, findet in diesem Antiquariat oder jener Bücherbörse das lang gesuchte, meist vergriffene Werk, für das der Platz im heimischen Bücherregal vorsorglich schon freigehalten wurde. So wächst sie, die Bibliothek, Stück für Stück, um rare Kostbarkeiten. Dass dies schlußendlich nicht die Ausmasse einer mittelalterlichen Klosterbibliothek erreicht, verhindert oft pure Raumnot. Wie wird gesammelt, wo wird gefunden? Information ist für den Bücherliebhaber das Wichtigste. Zunächst wird man sich für ein bestimmtes Gebiet entscheiden und folglich das tun, was der Sammelleidenschaft förderlich ist, nämlich sich einlesen. Das hat seinen guten Grund. Nur weil ein Buch alt ist, besitzt es an sich noch keinen Wert. Die Seltenheit ist es, die zählt. Und natürlich die Auflage. Seit Gutenbergs Zeiten und der Erfindung des Buchdrucks hat sich die Auflage gedruckter Werke zwangsweise vervielfacht. Folglich sollte man immer nach Erstauflagen Auschau halten. Sind sie vom Autor signiert, umso besser. Ob man sich nun durch Bücherberge auf Flohmärkten durchwühlt oder aber gezielt auf die Suche in Antiquariaten, auf Bücherbörsen oder bei Internetanbietern geht, jede diese Möglichkeiten hat ihren Reiz. Der Zustand zählt Selbst handwerklich äußerst akkurat gebundene Bücher haben im Lauf der Zeit meist einiges mitgemacht. Man wird sich also im Idealfall auf die Suche nach kaum benutzten Exemplaren machen, die sich in gutem oder sogar sehr gutem Zustand befinden. Die gute Nachricht hierbei: es gibt solche Bücher tatsächlich. Die weniger gute: sie kosten oftmals eben doch entsprechend viel Geld. Auf einige Merkmale, den Zustand einer bibliophilen Kostbarkeit betreffend, sei hier nur kurz hingewiesen: Der Einband sollte weder eingerissen, noch fleckig sein, Seiten dürfen nicht fehlen, Illustrationen, ob Stiche, Drucke, oder die besonders begehrten Original- Illustrationen bedeutender Künstler, müssen komplett vorhanden sein. Bibliothekseinbände von öffentlichen Institutionen sind wertmindernd. Bei besonders schön gebundenen Exemplaren wirkt sich die Qualität des Einbandes aber auch positiv auf die Preisgestaltung aus. Auf der Suche nach schnellem Geld hat sich leider die Unsitte eingebürgert, Kupferstiche oder Radierungen einfach mit einem Federmesser aus den Büchern zu schneiden. Eine üble Sache, noch dazu pure Geschäftemacherei, vor der auch manche Händler, allerdings keine ausgewiesenen Bücher-Liebhaber, nicht zurückschrecken. Ein seriöser Anbieter, ob Antiquar oder Sachverständiger eines Auktionshauses, wird immer auf fehlende Blätter hinweisen. Fundgrube Modernes Antiquariat Man könnte nun annehmen, dass nur Bücher die zumindest aus dem 19. Jahrhundert stammen, wahre Kostbarkeiten sind. Das ist bei weitem nicht so, denn auch im 20. Jahrhundert gibt es Schätze zu entdecken. Verlage, die längst nicht mehr existieren wie der Berliner Malik Verlag haben Bücher auf den Markt gebracht, die längst vergriffen und teils nur mehr schwer zu finden sind. Aber es gibt auch jüngere Beispiele: So wird bei einem Internet-Ambieter "The catcher in the Rye" von J.D. Salinger aus dem Jahr 1951, Edition BOMC, mit $ 500,- gehandelt. Und das nicht nur wegen des guten Zustands, sondern auch weil sich in dieser Ausgabe eine Fotografie des öffentlichkeitsscheuen Autors befindet. Die Erstauflage dieses Werkes liegt allerdings noch weit höher im Preis. Aber auch Erstausgaben von Thomas Bernhard erfreuen ihre Besitzer mittlerweile mit Wertzuwachs. Eben so können streng limitierte Auflagen oder Privatdrucke schon zum Zeitpunkt ihres Erscheinens schöne Wertsteigerungen erfahren. Um Preise zu bestimmen, sollte man Auktionsergebnisse mit den Preisen im Antiquariatsbuchhandel vergleichen. Häufig ergibt sich daraus ein Mittelwert als Anhaltspunkt, um den Wert eines Buches festzustellen. Alte Bücher als Wertanlage Mit einem weitverbreiteten Irrtum muß man hier aufräumen: Bücher sind keine Spekulationsobjekte, sondern bestenfalls eine ideelle Wertanlage und somit pure Liebhaberei. Die Freude an einem schönen Exemplar, das man in der eigenen Bibliothek stehen hat, sollte auf jeden Fall überwiegen. Auf Auktionen erzielen manche Bücher mitunter enorme Summen: Da man oft die Umstände, die zu diesem Ergebnis geführt haben, nicht kennt, kann dies kaum als Anhaltspunkte dienen. In der Regel gilt: wer, weil er sich von einer bibliophilen Rarität einen enormen Wertzuwachs erwartet, hochpreisig kauft, kauft oft auf Risiko. Dass der Wert hält, ist eben nicht sicher. Beschädigte Exemplare restaurieren Ein wirklich schwieriges Kapitel ist die Restaurierung von Büchern in schlechtem Zustand. Das lohnt sich nur in den seltensten Fällen, übersteigt dies den Wert eines Buches doch oft um ein Vielfaches. Handelt es sich um ein persönliches Erinnerungsstück, mag der Aufwand gerechtfertigt sein. Man darf nur nicht damit rechnen das investierte Geld wieder zu bekommen. Bei Mängelexemplaren ist Vorsicht geboten. Die Wahrscheinlichkeit, ein besseres Exemplar zu einem vielleicht gar nicht so hohen Preis zu finden, gibt es immer wieder. Pflege und Erhaltung Papier ist in der Regel sehr widerstandsfähig, obwohl mindere Papierqualitäten stärker unter Alterung leiden. UV-Strahlung setzt nicht nur dem Papier, sondern auch den Einbänden zu und läßt sie verblassen. Feuchtigkeit ist das zweite Risiko, weil dies den Befall und die Ausbreitung von Schimmel begünstigt. Rettungsmaßnahmen für schimmelbefallene Bücher sind äußerst kostenintensiv und lohnen nur bei Raritäten. Wer Bücher auf einem Dachboden oder in einem Keller auslagert, muß damit rechnen, dass sich Mäuse daran gütlich tun. Solche Schäden an Büchern lassen sich kaum mehr beheben. Literatur Martin Kersting "Alte Bücher sammeln" (Battenberg, 20.50,- Euro). Dieses Standardwerk vermittelt kompetent die unabdingbaren buchkundlichen Kenntnisse für den Antiquariatsbenutzer. Überblick über Auktionsergebnisse im Raum Deutschland Österreich und der Schweiz: Taschenbuch der Auktionspreise alter Bücher (Radtke, Aachen, seit 1975) Jahrbuch der Auktionspreise (Hauswedell, Stuttgart) Antiquarische Bücher im Internet Größter Anbieter ist das "Zentralverzeichnis antiquarischer Bücher" mit 1300 Antiquariaten online und etwa 7 Mio. Titeln. Informationen unter: www.zvab.com
Mehr Texte von Thomas Kahler

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