Aurelia Jurtschitsch,
Inspiration Textil - Tribal Art im Dialog mit zeitgenössischer Textilkunst: Konfrontation Textil
Es ist eine vielfältige Schau von handwerklich und formal beeindruckenden, traditionell gefertigten Textilien bis ca. zur Mitte des 20. Jahrhunderts und künstlerischen Arbeiten ab dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, in denen textile Techniken verwendet wurden. Herausragende Werke indigenen textilen Schaffens aus Afrika und dem Nahen bis Fernen Osten, aus privaten österreichischen Sammlungen stehen “im Dialog” mit Arbeiten von TextilkünstlerInnen, logischerweise Mitgliedern des Künstlerhauses. Kein unbedingt auf Verständigung angelegter Dialog, man redet auch “aneinander vorbei”. Was aber nicht ausschließt, dass es zu unerwartet spannendem Echo kommen kann.
Etwa ist im Hauptraum ein Ndop – ein großzügig in Indigo-Weiß bemustertes Zeremonialtuch aus dem Grasland/Kamerun - mit seinen frappierenden 15 Metern Länge prominent im Raum hängend drapiert. Dieses Streifengewebe wurde aus 10 cm schmalen Webbändern zu einer Breite von zwei Metern mit Abertausenden Umwindelungsstichen aneinander gefügt. – Längst ermöglicht es die Textil- und die Papierindustrie fast jegliche Breite an Stoff- oder Papierbahnen zu erzeugen. Allein künstlerischer Anspruch und Ausdruckskraft erfordern diese alte Vorgangsweise: In Christiane Wustinger’s knittriger, sich wölbender Papierarbeit „Metamorphose“, 2010, muss man ganz in die Struktur hineinzoomen, um zu entdecken, dass diese Fläche, ebenso wie der Ndop, aus zahlreichen - zuvor mit feinen Tuschelinien bemalten - Einzelstreifen zusammengenäht wurde! Zu sehen in Raum 3.
Wesentliche Differenz an dieser textil inspirierten Zusammenführung ist auch, dass es sich bei der Tribal Art um Gebrauchsgegenstände im weitesten Sinn handelt – sei es als Wickelkleidung, Schurz, kultisches / magisches Ritualtuch, zeremonielle Zeltauskleidung, Futonüberzug, Mantel oder Jacke, andererseits um freie Kunstwerke - sei es mit Bildcharakter, sei es skulptural. Allerdings in Tone Finks Bereich verschwimmen die Grenzen. Hier treffen turkmenische bzw. usbekische Ikat-Mäntel aus Seide mit all ihrer farbigen Leuchtkraft auf Finks puristisch-weiße „Papierbehältnisse“, deren Inhalt potentiell Menschen sind, als deren Kleidung sie fungieren etwa bei Performances. Ein etwas bemühter Dialog. Stimmig hingegen seine Heimtextilien-Kollektion Artone (Seide, Cupro; 1995 – 2000), die mit ihren reduzierten schwarzen Kürzeln auf naturweißem Grund eine direkte Assoziation zu den afrikanischen Beispielen im Raum herstellt.
Hervorgehoben werden müssen die Beispiele von Shoowa-Samten (Demokratische Republik Kongo) aus Raffia hergestellt mit den markanten geometrischen Mustern sowie ein Palepai („Schiffstuch“) aus Süd-Sumatra, das als Ritual-Textil bei wichtigen Zeremonien einer Adelsfamilie – etwa Hochzeit – hinter den Personen hing. Besondere Bedeutung haben auch die Kaitag Seidenstickereien aus Daghestan/Kaukasus. Sie werden ins 18. Jahrhundert datiert und es wurde ihnen eine Schutzfunktion zugesprochen. Ein „Glanzstück“ darf nicht unerwähnt bleiben, nämlich ein Hemd und eine Hose aus Bambusfaser, die einen feinen Oberflächenglanz entwickelt. Auf dem fast schwarzen Grund kommt die dichte, farbige Stickerei bestens zur Geltung.
Mit Stickerei wartet auch Nora Bachl in der Serie „I love you“. Hingegen hat die spezielle Technik des Gobelin-Webens, das durch einige Künstlerinnen vertreten wird, kein Äquivalent in der Tribal Art. – Die ideell dialogisch angelegte Zusammenstellung gleicht bisweilen einem Blind Date, in das große Erwartung gesetzt wurde. Bei nahezu 100 Objekten gibt es natürlich im Detail phantastische Eigenheiten zu entdecken. Und es regt auch dazu an: Welche Fragen, Dialoge, Kon- bzw. Interferenzen würden sich ergeben, wenn auch europäisch-ethnologisch textile Exponate „mitreden“ würden.
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Inspiration Textil - Tribal Art im Dialog mit zeitgenössischer Textilkunst
12.09 - 02.11.2014
Künstlerhaus Wien
1010 Wien, Karlsplatz 5
Tel: +43 1 587 96 63
Email: office@k-haus.at
http://www.k-haus.at
Öffnungszeiten: täglich 10-18 h, Mi + Fr 10-22 h
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