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Leon Golub - Nancy Spero: Diskurs-Fossilien

Der derzeit gültigen Parole gemäß, wonach der Körper für das Denken zuständig ist, dürften die beiden nichts zu sagen haben. Er solidarisiert sich auf das Eindeutigste mit den Schwarzen, obwohl er kein Schwarzer ist. Sie propagiert unermüdlich weibliche Autonomie, und das als Hetero. Miteinander sind sie so etwas Ungenderhaftes wie verheiratet. Kein Zweifel, Nancy Spero und Leon Golub sind Diskurs-Fossilien. Christine König zeigt sie in ihrer Galerie nun zum ersten Mal zu zweit. Golub, Jahrgang 1922, der große alte Mann des sozialkritischen Realismus, ist mit dreien seiner auf grobem Rupfen verteilten ungebärdigen Einblicke in die Versehrung vertreten, zwei davon vor mehr als fünfzehn Jahren entstanden. Das jüngste ist etwas altersmilder, selbstbezüglicher, vielleicht auch reflektierter ausgefallen. Es zeigt Hunde, die ein Banner mit dem Slogan "Modernism is kaputt" verfetzen. Einer hat einen Teebeutel im Maul, auf dem steht: "So what?". Den Sarkasmus hat es forciert, dieses Spätwerk. Doch es ist allein vom Technischen her geläutert: Golubs früheres Verfahren, im Wortsinn dick aufzutragen und die Farbe dann abzuschaben, ließ sich aus rein orthopädischen Gründen irgendwann nicht mehr praktizieren. Dem Oeuvre tuts keinen Abbruch. Hier wird mit dem Körper hantiert und mit dem Hirn gedacht. Nancy Spero, geboren 1926, verwendet einmal mehr die Galeriewand als Projektionsfläche. Hier sind ihre Pin-Ups verteilt, die sie den Jahrhunderten und Jahrtausenden entnimmt, ikonografisch, kalligrafisch, pornografisch aufgeladene Frauenporträts, die durchaus ihrem urspünglichen Zweck, feminine Verfügbarkeit vorzuführen, widersprechen. Diese meist ganz einfachen Figuren, von Vasenbildern, Wandmalereien, Buchillustrationen herauscollagiert, sprechen von den meist ganz schwierigen Figurationen der Geschlechterverhältnisse. Ganz offenbar arbeiten hier zwei bedeutende Vertreter der Gegenwartsproduktion wider die Einheit von Kunst und Leben. Wovon ihre Bilder erzählen sind dessen Schattenseiten. Doch womöglich müssen wir uns Leon Golub und Nancy Spero als glückliche Menschen vorstellen.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Leon Golub - Nancy Spero
10.04 - 25.05.2003

Christine König Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1a
Tel: +43-1-585 74 74, Fax: +43-1-585 74 74-24
Email: office@christinekoeniggalerie.at
http://www.christinekoeniggalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 12-18h
Sa 12-16h


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