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Helmut Dietl

Am Sonntag ist Helmut Dietl 70 geworden. Es geht ihm nicht sehr gut, er hat Lungenkrebs. Um so präsenter ist sein Werk, schmal und ein Baedeker durchs Leben. Das kollektive Gedächtnis kann sich mit den Szenen, Situationen, Sätzen seiner Filme eine Art Erinnerungsort abstecken, Topoi, die man memoriert als Apercus, passende Gelegenheiten, Leitfaden in die Nonchalance. Zu seinem Geburtstag hier meine Top Ten Dietls. 1. „Serafina legt ihre Bluse ab, beginnt ein Lied zu summen und will ihren Büstenhalter öffnen – Windisch: Nein, nein, bitte...hör auf...bitte keinen Realismus...Serafina! Io non scrivo, non audio, non video...non – Serafina: Aah! Capito! Sie lächelt und macht das Licht aus“: Situation zwischen der italienischen Kellnerin Serafina (Martina Gedeck) und dem menschenscheuen Dichter Jakob Windisch (Joachim Król) in „Rossini“, zitiert nach dem Drehbuch. 2. Dietls Besetzungen: Ruth Maria Kubitschek als Annette von Soettingen alias das Spatzl im „Monaco Franze“, Franz-Xaver Kroetz als Baby Schimmerlos und immer wieder Götz George. Der Höhepunkt: Therese Giehse, Brecht-Interpretin, Doyenne des sozialistischen Theaters, als bewegungsschwache, willensstarke, abgöttisch und argwöhnisch den Enkel liebende Oma Häusler in den „Münchner Geschichten“. 3. „Isch scheiss disch zu mit meinem Jeld“: Unsterbliche Drohung des Kleberfabrikanten Heinrich Haffenloher alias Mario Adorf in „Kir Royal“. 4. Der One-Night-Stand, den die Anwältin Helena Sotkowski mit ihrem Psychotherapeuten in „Vom Suchen und Finden der Liebe“ durchmacht. Anke Engelke und Harald Schmidt geben ihr Bestes. 5. „Ois werd teurer. Jetzt kosten die Reherl scho a Fuchzgerl“ - „100 Gramm?“ - „Na, 's Stück“: Klage der Haushälterin Irmgard alias Erni Singerl über die Preise für Pfifferlinge alias Eierschwammerl im „Monaco Franze“. 6. Das Überwinden der vierten Wand in der Anfangssequenz des „Monaco Franze“. Während er von seiner kunstbeflissenen Gemahlin porträtiert wird, wendet sich, ohne dass sie es bemerkt, Franz Münchinger, der ewige Stenz, Helmut Fischer an sein Publikum und macht es von Anfang an zum Komplizen seiner ohnedies liebenswerten Eskapaden. 7. „Ois Tschikago“ - „Bist scho a Hund, Tscharlie“: Verbale Leitmotive von Tscharlie Häusler, dem Helden der „Münchner Geschichten“ und von seinem besten Freund Gustl Seiler, gespielt von Günther Maria Halmer und Frithjof Vierock. 8. „Ich hab ein gutes Gefühl“: Positive Stimmung der drei Banker Melk, Hopf und Weich (Edgar Selge, Erich Hallhuber, Christian Berkel) bei der Aussicht, den vom Welterfolg verwöhnten aber schwierigen Schriftsteller Windisch (siehe Punkt 1.) unter Vertrag zu nehmen. 9. „Fritze Hitler“: Komplikation in „Schtonk!“, als sich herausstellt, dass die Inititalen auf den Ledereinbänden der ominösen Tagebücher sich als F und H lesen. Man einigt sich schließlich darauf, dass es „Führer Hitler“ heißen muss. 10. „Dann steh ma wieder auf, dann sperr ma wieder auf, dann sperr ma wieder zua, dann geh ma wieder ins Bett, dann steh ma wieder auf, dann sperr ma wieder auf...“: Monolog von Erwin Hillermeier, Gastwirt und Vater von Susi, der Freundin Tscharlie Häuslers. Erwin, gespielt von Karl Obermayr, redet so, wenn er „wieder seinen Moralischen hat“. Helmut Dietl, Foto: www.beststarsofyear.com
Mehr Texte von Rainer Metzger

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