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Rundgang

Der diesjährige Pfingstausflug könnte nach Salzburg gehen. Dort sagen sich normalerweise die Hasen und die Hunde gute Nacht, aber es gibt eine Neuigkeit: einen Rundgang. Der umfasst die Haupt- und Staatsschauplätze des Ortsansässigen mit seinen gut katholischen Traditionen und bindet Bischofskirche-Residenz-Erzabtei Sankt Peter-Franziskanerkirche in eine Art Höhenweg um den Domplatz herum ein, in dem sich auf promenierende Weise barockes Selbstverständnisses bündelt. Sehr historisch zwar, aber auch, konzipiert vom Wiener Museumsspezialisten Dieter Bogner, in seinem Retro-Stil sehr zeitgemäß. Zehn Stationen lassen sich im Piano Nobile, von oben herab, passieren: Erstens die Prunkräume der Residenz, die zeigen, wie die Herrschaften es so hatten bei sich in der repräsentativen Öffentlichkeit; dann die Residenzgalerie, die vorführt, dass man auch damals schon so sammelte wie heute, nämlich für alle das Gleiche; drittens die sogenannte Dombogenterrasse, der Übergang zur Empore der Kathedrale, von wo aus man auf die umgebenden Plätze samt Kaffeehäuser und Fiaker blickt; viertens das Oratorium des Doms, von wo aus man fünftens zur eigentlichen Empore kommt, wo die Orgel steht und sich der Innenraum mit Stuckdekoration, die nicht von ungefähr Ohrmuschelstil heißt, auftut; sechstens das Dommuseum mit allerlei geistlichem Gerät, siebtens die Kunst- und Wunderkammer der Bischöfe mit allerlei natürlichem und künstlichem Gerät, die achtens in die – 70 Meter messende - Lange Galerie mit weiteren Gemälden führt, die neuntens das Museum der Erzabtei Sankt Peter mit weiterem geistlichem Gerät erschließt. Zehntens und letztens stellt sich zweifellos der Höhepunkt ein: Vom Umgang her betritt man den Chor der Franziskanerkirche, einst Pfarrkirche der Stadt, die ihr vom regierenden Episkopat genommen wurde, was aber nicht verhindern konnte, dass sich hier das aufregendste Gewölbe der gesamten Gotik aufspannt, steil aufragend, mit komplizierter Rippenstruktur, das Meisterwerk schlechthin des 15. Jahrhunderts. Thronsaal in der Salzburger Residenz © Salzburger Burgen & Schlösser/H. Kirchberger Das meiste konnte man auch bisher bewundern. Nur geht es jetzt auf einem Ticket (12 Euro pro Erwachsenem, deren 27 für eine Familie). Die Synergie soll es sein, man hofft auf 80.000 Besucher im Jahr, was weitaus mehr darstellt als es die bisherige Addition ergibt, aber natürlich grandios im Schatten dessen steht, was Mozart mit seinen, jenseits des Devotionalen, erbärmlichen Liegenschaften vorführt. Vor allem ensteht ein motorischer Effekt, ein Appell ans Bewegliche: ein Rundgang und noch dazu einer aus der Panorama-Perspektive. Greifen wir hoch und erinnern an den Louvre. Dort gab es im Hauptgeschoss immer schon die Grande Galerie mit ihren Höhepunkten an Mona Lisa, Marat und Maria de Medici, doch wenn man alles absolviert hatte, durfte man umkehren: Es gab Schlimmeres, aber der Rückweg war eben eine Retourkutsche. Seit auch schon wieder 25 Jahren haben sie die Cour Carrée einbezogen, dort ist die französische Malerei zu sehen, die vielleicht nicht, Poussin und Watteau hin oder her, ganz so attraktiv ist, aber eben im Karree zu erwandern - bis man wieder zum Ausgangspunkt kommt, den die Franzosen in unnachahmlicher Überzeugtheit bei einem der frühesten Porträts, die sich erhalten haben, sehen, beim König Jean le Bon. Terrasse über den nördlichen Dombögen © RGS/Ghezzi Dazu passt der Rundgang, als der sich die Münchner Residenz anbietet. Oder, in kleinerem Format, das Goethe-Haus in Weimar. Besonders zu empfehlen und womöglich eine Art Vorbild ist der Höhenweg, der immer wieder in Linz installiert wird. Das klassische Prinzip des Englischen Gartens lebte vom Belt Walk, der Seele des Areals, dem Saumpfad, von wo aus sich die Points de Vues ergaben. All das nun in Salzburg. www.domquartier.at
Mehr Texte von Rainer Metzger

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