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Supermodel

Gerade 22 war David Bailey und noch nicht einmal 18 war Jean Shrimpton, als sich der Fotograf und sein bald bevorzugtes Modell in einem Studio trafen. Bailey hatte sich in diesem Jahr 1960 bereits einen gewissen Namen gemacht, zusammen mit Terence Donovan und Brian Duffy gehörte er zu den „Terrible Three“, den schrecklichen Drei, deren Exorbitanz vor allem darin bestand, in der Quarantänestation der Modeszene nicht nur männlich, sondern auch heterosexuell zu sein und daraus im Umgang mit den Mädchen, die sie ablichteten, auch kein Hehl zu machen. Duffy war es, der Jean Shrimpton zu einem Shooting für eine Cornflakes-Werbung in seinem Atelier hatte. Bailey wird es sein, der sie zum Prototyp jener Erscheinung machte, die man heute Supermodel nennt. Die Wiener Albertina zeigt seit einigen Tagen eine Fotoschau zu „Blow Up“, Michelangelo Antonionis Krypto-Doku aus einem London der 60er, das nicht mehr Swinging war, aber gerne noch so wahrgenommen werden wollte. Über „Blow Up“ und seine Verspätetheit ist an dieser Stelle (Blog vom 11. April 2013) bereits gehandelt worden. Darüber, dass David Bailey die Schlüsselfigur des Films ist, auch. Reden wir anlässlich der Ausstellung lieber über das, was vorher geschah, Anfang des Jahrzehnts, als die Dinge noch ganz wunderbar im Fluss waren. 1961 also ist die Serie entstanden, mit der Bailey und seine Vorzeigefrau berühmt wurden. Jean Shrimpton steht auf der Tower Bridge, als wäre sie ganz unvorbereitet, engagiert aus ihrer Wohnung heraus, einen Mantel übergeworfen, unter dem der Rock hervorblickt, unfrisiert und geradewegs vom Wind zerzaust, mit müden Augen und ohne Make Up, so unbehaust und so lapidar, als käme sie vom Existenzialismus. Eine Allerweltsschönheit, alltäglich, beiläufig, aber doch eine Schönheit: „Sie war nicht das Mädchen von nebenan“, wird sich Bailey an diese Szenen erinnern, „aber sie war das Mädchen, von dem man wünschte, es wäre von nebenan“. Jugend, wie sie sich hier darstellt, ist Tabula Rasa, ist das unbeschriebene Blatt, dem eine neue Zeit und die neuen Trends zu Leibe rücken werden. Diese Jugend ist Unschuld und Naivität, aber sie weiß und erwartet auch, das sie das nicht bleibt. David Bailey: Jean Shrimpton Jean Shrimpton sorgt für das Gesicht, das den schwungvollen Sechzigern ihren Einsatz gibt. Das Image, das sie ihnen liefert, ist brandaktuell, die erste Figur, die über das Modell-Sein zum Star wird, die nicht von woanders her kommt und ihre Bekanntheit zweitverwertet, sondern es als sie selbst und allein aus der Tatsache heraus, dass sie ein bestimmtes Kleid trägt und ein bestimmtes Produkt verwendet, zur Prominenz bringt. Jean Shrimpton ist ein Mädchen wie du und ich, und Baileys elegante Manipulation besteht darin, es so aussehen zu lassen, als würde das für die Karriere reichen. Damit ist ein Fingerzeig gegeben, und alle, die sich seither zur Mode bekennen und sich zu Fashion Victims aufwerfen, dürfen sich fortan zumindest im Vorfeld der Weltgeltung vorkommen. Jean Shrimpton ist heute übrigens Pensionswirtin. In Penzance in Cornwall steht sie einem durchaus noblen Haus vor, das „The Abbey“ heißt. Weil ich Cornwall nicht mag, gebe ich hier die Adresse preis: www.theabbeyonline.co.uk Und Bailey hat gerade die Queen zu deren 88. Geburtstag abgelichtet. Er selber ist mittlerweile 76. To whom it may concern: www.newsletter.co.uk/features/queen-s-portrait-by-david-bailey
Mehr Texte von Rainer Metzger

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