Rainer Metzger,
Hans Hollein 1934 - 2014
Am Donnerstag dem 24. April, knapp nach Vollendung seines 80. Geburtags, ist Hans Hollein verstorben. Anstelle eines Nachrufs hier meine Top Ten der Aktivitäten eines der ganz großen der Kunstgeschichte.
Die Manhattan-Projekte
Buckminster Fuller wollte die Insel geodätisch überwölben, Superstudio wollte sie im Rastersystem planieren, Archigram wollte sie mit einer Walking City bestücken. Unübertroffen bei all den schrillen Utopien der Sechziger ist einer von Holleins Entwürfen, der Point de Vue schlechthin für alle Ankommenden, der Kühlergrill von Rolls Royce als Signature Building.
Die Memphis-Arbeiten
Was man nicht so recht zur Kenntnis nahm, aber dann, wenn man es wusste, evident wurde: Hollein gehörte Memphis an, der Designertruppe von allerorthodoxester Postmoderne, als Kombattant von Alessandro Mendini, Ettore Sottsass und Matteo Thun.
Museum Abteiberg, Mönchengladbach
Die Wiedererweckung des Prinzips Konglomeratbau aus dem Geist einer Architektur über den Modernismus: White Cube trifft auf Parklandschaft, Gesamtkunstwerk auf Stadtmöblierung, und das alles avant la lettre, in den Siebzigern.
CM Boutique, Wien
Nicht so bekannt wie das Kerzengeschäft Retti, aber noch wuchtiger vom Himmel gefallen, ganz wie Barbarella, die in den selben Jahren 1966/67 das Licht der Erde erblickte. Im Moment hinter Brettern verborgen, ist Holleins Buchstabenarchitektur ein nachhaltiger Beitrag zum Prinzip Geschäftsfassade, eine Pop-Geste sowieso und ein Kommentar zu einer großen Wiener Tradition.
Beiträge für Venedig
Hollein war Kommissär für den österreichischen Länderbeitrag der Kunstbiennale, er hat unter anderem Arnulf Rainer, Maria Lassnig, Valie Export, Walter Pichler der nationalen Repräsentanz einverleibt. Wichtiger aber seine Arbeit für die Architekturbiennale: 1980 gab es, zum ersten Mal in den Corderie, die „Strada Novissima“, ein Gefolge von Außenansichten aus Gips und Pappmaché, bei denen die zukünftigen Weltstars wie eben Hollein sich ihren Reim auf den Decorated Shed machten.
Traum und Wirklichkeit
Die Schau, die Wien um 1900 zum Topos der Kulturgeschichte gemacht hat, kuratiert von Jean Clair, eingerichtet von Hans Hollein. Der Prototyp an Blockbuster, den man in Wien so unermüdlich übertreffen will wie man bisher daran gescheitert ist.
CAR Building/Karlsruhe
Aufeinander gestapelte, im Boden versenkte, in aller Drallheit erfasste VW-Käfer: ein Entwurf von 1960, realisiert 2011 am ZKM Karlsruhe für die ansonsten nicht weiter belangvolle „Cars“-Ausstellung. Und auch eine Hommage an Hollein durch Peter Weibel, der ihm auch, als Abschlussveranstaltung seines eigenen Wirkens am Grazer Joanneum, 2011/12 eine Retrospektive angedeihen ließ.
Juweliergeschäft Schullin 1
Noch ein Wiener Ladenlokal. Der gesprungene Marmor um das Schaufenster herum, aufwendiges Zeichen für die Weiblichkeit als Kunden, für Einbruch und sonstige Katastrophen und genauso für die Notwendigkeit einer guten Belüftung. Anfang der Siebziger hat sich Hollein für die postmodernen Zauberworte Mehrfachkodierung, Polyvalenz, Hybridität stark gemacht.
Das Idealmuseum für die documenta 8
Die Wunderwelt für den Schnellschauer der Gegenwart: Groß, weiß, wirkmächtig an die Wand drapiert die Beschriftung; daneben klein, als Schildchen, per Reproduktion das Werk, das Meisterwerk, Velazquez' „Spinnerinnen“ etwa oder ein „Graues Bild“ von Gerhard Richter.
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