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Jakob Gasteiger: Modernismus und Silvester

Der Aufreger kommt gleich am Anfang. Kaum hat man die Galerie nächst St. Stephan betreten, kann man sich schon gütlich tun an den Metallklumpen mit den seltsamen Fäden, Schlieren, Wucherungen an ihrer Oberfläche, die der Klobigkeit der Gebilde etwas Biomorphes verleihen. Die 25 silbrig glänzenden Ungetüme sehen aus wie ins Überdimensionale verfrachtete Relikte des Bleigießens zum Jahreswechsel. Und sie sehen nicht nur so aus: Jakob Gasteiger hat tatsächlich flüssiges Aluminium genommen und in einen Bottich mit Wasser gegossen. Die monströse Plastizität ist Ergebnis des unmittelbaren Wechsels im Aggregatszustand, die buchstäblich elementare Position, die eine Flüssigkeit einnimmt, wenn sie plötzlich erstarrt. Das kann man nun für völlig banal halten, zumal die etwa rucksackgroßen Körper auf hölzernen Sockeln platziert sind, die zugleich ihre Transportkisten abgeben. Man kann also zu Gasteigers Malerei übergehen, jenen monochromen Tableaus, deren diffizile Oberflächenbehandlung von jeher sein Markenzeichen war. Gasteiger zeigte sich darin als gelehriger Schüler von Clement Greenberg und dessen "Flatness"-Sentenzen. Greenberg ist berühmt geworden mit seinen Gedanken zur Malerei. Doch einst wollte er seine Theorie über den Prozess der Zivilisation auch aufs Skulpturale angewendet wissen. Was den Tafeln die Flatness bedeute, sei hier die Eigenbewegung etwa des Steines in Richtung auf den "Monolith". Oder, im Fall von Metall: "Der Guss scheint sich zu verdichten und sich in jenen ursprünglichen Strom des Geschmolzenen hineinzubetten, von dem er seinen Ausgang nahm." Mit diesen Thesen zum Plastischen hatte Greenberg keinen großen Erfolg. Bis jetzt. "The cast seems to narrow and smooth itself back to the original molten stream from which it was poured": Das nun ist die genaueste Beschreibung dessen, was Gasteiger im Moment inszeniert. Noch kein Künstler ist Greenbergs Jargon damit so nahe gekommen. Zwar liegen mittlerweile sechzig Jahre zwischen dem einen und dem anderen, doch offenbar hat es eben so lange gebraucht. Gasteiger ist der neue Lieblingskünstler des Modernismus. Und das mit den Transportkisten lässt er womöglich beim nächsten Mal bleiben.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Jakob Gasteiger
07.03 - 30.04.2003

Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder
1010 Wien, Grünangerg. 1/2
Tel: +43 1 5121266, Fax: +43 1 5134307
Email: galerie@schwarzwaelder.at
http://www.schwarzwaelder.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 12-18h
Sa: 11-16h


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