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Experience Economy - Jahresausstellung 2014: Staubige Zukunft, duftende Vergangenheit

The time is right, an diesem Adventsamstag in Salzburg: In der Jahresende und -anfang prägenden Konsumhochzeit widmet sich die von Vivien Trommer kuratierte Schau im Salzburger Kunstverein der Umdeutung musealer Mechanismen sowie der Liberalisierung des Ausstellungsraums. Unter dem Titel „Experience Economy“ fordert sie die Partizipation des Publikums ein und die Interaktion ihrer ProtagonistInnen heraus. Die diesmal Auserwählten des jährlich stattfindenden Ausstellungsformats sind die Salzburgerin Marlies Pöschl und der Steirer Heribert Friedl: zwei in unterschiedlichen Jahrzehnten geborene KünstlerInnen, deren Werke im Salzburger Kunstverein ein stimmiges Setting ergeben. Der Eintritt in den Ausstellungsraum irritiert: Eine aus elegant-offiziellen Umgebungen bekannte rote Absperrkordel auf Messingständern grenzt in der Mitte des Raumes einen rechteckigen Bereich ab. Darin: gähnende Leere, Nichts, Luft – die Grundmaterialien für Heribert Friedls „nonvisualobjects“, wie er sie nennt, mit denen er die Zeit bannt, sie sinnlich wahrnehmbar macht. Etwa in der Arbeit „Ohne Titel“, bei der sich auf dem abgesperrten Stück Boden Vergangenheit und Gegenwart gewissermaßen live in eine viereckige Zukunft verwandeln, die nach Ausstellungsende vom Künstler mittels Klebefolie konserviert werden wird. Beispiele dieser Verfahrensweise sind die nebenan hängenden „Studioporträts“ – Abdrücke des Bodens von Heribert Friedls Atelier samt Fliegen, Staub und Haaren. Die Arbeiten des in Wien lebenden Künstlers verlangen nach unterschiedlichen Verhaltensweisen, um ihre Wirkungen zu entfalten: Während „Ohne Titel“ das Betreten eines bestimmten Raumabschnitts verbietet, befiehlt „170/171“ den rezeptionstechnischen Fingerkontakt. Auf die Wand aufgetragene, transparente Lasurkreise geben per Reibung Gerüche frei – verweisen auf die instrumentale Macht der Nase und statten den/die BenutzerIn gleichzeitig mit der seltsamen Erfahrung aus, der ansonsten so unnahbaren Ausstellungswand auf den Leib zu rücken. Auf der anderen Seite des Raumes kehrt sich das Konzept quasi um: Bis man ihn bemerkt, stößt man schon fast mit dem Kopf gegen den Schriftzug „Michel“ aus durchsichtigem Acrylglas, der ebenso fragil wirkt wie die imaginären Geruchswolken, die er hervorruft: „While constructing this transparent lettered text it smelled like snow again actually like a bit of Hyazinth while doing a perfect basic design for a building around 1887.“ Für die Ausstellung im Salzburger Kunstverein hat sich Heribert Friedl mit der Geschichte des Hauses beschäftigt, die seinem Faible für Duftstoffe und deren Wirkung auch sehr entgegenkommt: Der Architekt Hyazinth Michel zeichnete im Jahr 1887 für den Entwurf des Gebäudes am Ufer der Salzach verantwortlich. Und die Duftlasur-Punkte ergeben die Ziffern „170/171“ in Brailleschrift – ein Verweis auf die Gründung des Salzburger Kunstvereins vor eben so vielen Jahren. Mit einer anderen Erzählung beschäftigt sich Marlies Pöschls Film „Sternheim“, der einer Gruppe von zwölf Jugendlichen folgt, die in einem Theaterworkshop Sophie von La Roches Bildungsroman „Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim“ (1771) inszenieren und gleichzeitig an einem Casting für den gleichnamigen Film teilnehmen. Auf faszinierende Weise mäandernd zwischen Theater und Film, Authentizität und Maskerade, Skript und Improvisation, ist das Geschehen während des gesamten Films ebenso nachvollziehbar wie letztendlich unklar bleibt, wer hier eigentlich mit wem spielt. Sind es bei Heribert Friedl die BetrachterInnen, die mit ihren Erinnerungen den künstlich/künstlerisch geschaffenen Raum erweitern, oder aber auch der Staub, der in immer neuen Formationen eine gerahmte Leerstelle füllt, so sind es bei Marlies Pöschl die ProtagonistInnen, die innerhalb des von der Künstlerin konzipierten Regelwerks die filmische Narration selbst steuern. Während ästhetische und dramaturgische Elemente in „Sternheim“ zeitgenössischen TV-Castingshows entlehnt scheinen, könnte man Marlies Pöschls Filminstallation „L’École de Simili“ als Kommentar zu Sendeformaten wie Big Brother lesen. Entwickelt wurde das Drehbuch für das komplexe filmische Geflecht aus Dokumentation und Fiktion, Sprache und Methodik im Rahmen eines Workshops mit französischsprachigen Jugendlichen. Der Plot: Eine via Craigslist zusammengefundene Gruppe junger Zugezogener gründet im Jahr 2030 in Paris eine Sprachschule, um das Französisch der Banlieues zu lernen. Angeleitet durch die Methode der Contact Improvisation verstricken sich die LaiendarstellerInnen, die von der Künstlerin tatsächlich vor allem auf der Online-Plattform gecastet wurden, in biografisch differenzierte, zusehends verworrene Dialoge und etwas verquer anmutende Körperbewegungen. Amüsant sind die deutschen Untertitel, die von Google Translate stammen könnten und als Teil der ansprechenden ortsspezifischen Installation auf eine separate Plexiglasplatte projiziert werden. Überhaupt ist die Gestaltung der Ausstellung zwischen Black Box und White Cube äußerst gelungen und sollte auch nach Ende der Adventszeit unbedingt noch besucht werden.
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Experience Economy - Jahresausstellung 2014
13.12.2014 - 01.02.2015

Salzburger Kunstverein
5020 Salzburg, Hellbrunnerstrasse 3
Tel: +43 (0) 662/84 22 94-0, Fax: +43 (0) 662/84 07 62
Email: office@salzburger-kunstverein.at
http://www.salzburger-kunstverein.at
Öffnungszeiten: Di-So 12-19h


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