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Misha Stroj: Die Malerei ist eine Poesie die man sieht

Vgl.: Leonardo, „Die Malerei ist eine Poesie die man sieht“ 1) 1 stroj (Slowakisch), Substantiv, m, unbelebt 2 stroj (Tschechisch), Substantiv, m, weich, unbelebt [1] Gegenstand, mit dessen Hilfe etwas bearbeitet, verarbeitet oder bewegt wird 2) Der in Laibach geborene Künstler Misha Stroj verarbeitet - nomen est omen - Gegenstände. Die Entscheidung, nur den Namen anstatt eines Ausstellungstitels zu verwenden, resultiert aus seiner Beschäftigung mit Haltungen und Behauptungen rund um die Figur der KünstlerIn. Es geht um die Generierung einer Marke mit Marktwert, was ihm auch in aller Bescheidenheit, mit der er ans Werk geht, gelingt: immerhin wurde er schon 2010 von GEWINN unter die „neuen Sterne am Künstlerhimmel“ gereiht. Misha Stroj‘s Ausgangsmaterial sind meist Fundstücke, Holz- und Metallteile, die er zu Objekten komponiert. Dabei hält er sich an „kursierende Konventionen der Herstellung von Werken“ und zugleich wünscht er sich in seinem selbstverfassten Pressetext, „diese würden wahrgenommen werden, wie ein Dokument.“ Der Künstler vereint also nicht nur viele Kunstformen, Skulptur, Plastik, Fotografie, Text und Grafik, sondern spielt auch mit der Wissenschaftlichkeit, wenn er die Ausstellung einen „Bericht“ nennt, der „aber auch Kunst“ sei. Die Frage „Ob die Malerei Wissenschaft ist oder nicht“ 1) stellte schon Leonardo, wobei er die beiderseits verwendete Geometrie zur abstrakten Darstellung der Vorkommnisse in der Natur hervorhebt. Die Bildhauerei sei keine Wissenschaft, sondern eine höchst handwerksmäßige Kunst, denn sie schafft dem, der sie betreibt, Schweiß und körperliche Mühe - was heutzutage nicht immer gilt. Die Geometrien jedenfalls bieten auch meist einen Schlüssel zur Interpretation für die zeitgenössische Kunst, so auch bei Stroj: Augenscheinliches Beispiel bietet ein mannsgroßes, zu einem goldenen Dreieck gefaltetes Aluminium-Band, wobei ein persönlicher Gürtel des Künstlers (zufällig!) den Zirkelabschlag im goldenen Schnitt markiert. So „berichtet“ er von „[...] der Abschaffung des Künstlers in der ar/ge Bolzano im Frühjahr 2012" (Werktitel). Eine Keramik-Tasse auf der rundherum torus-förmige Henkel angebracht sind, ist wiederum eine eindeutige Anspielung auf die „topologischen, vertrackt-geometrischen und darüber hinausigen“ 3), bestehenden Konzepte des mehrdimensionalen Raumes, um sie mit künstlerischen Mitteln zu hinterfragen. In diesem Zusammenhang ist auch die Fotoserie vom Fließband in der Malzfabrik in Berlin mit Geraden und kubischem Rahmen mehr abstrakt als gegenständlich, nämlich als Geometrie des unsichtbaren Raumes lesbar. „Überhaupt exerziert die ganze Ausstellung „auf einem möglichst niederschwelligen Niveau, Prinzipien der Kontinuität, Wiederholung, Symmetrien, Achsen“ bestätigt der Künstler 3). Holz-Plastiken mit Kuben und angedeuteten Bewegungsachsen, einmal vertikal und einmal horizontal , sind die vielleicht sperrigsten - auch was die Erschließung der Bedeutung betrifft - Exponate der Ausstellung. Laut Werktitel kommen „Gedichte“ in Form von Texten, ins abstrakte gehende Fotografien und einer Wandplastik, in der „wolkig Fraktales gespiegelt, rotiert und zur Nutzbarmachung degradiert wurde“ 3) vor. Dabei entspricht das "visuelle Gedicht" auch schon Leonardos Auffassung von Malerei. Der aktuellste „Bericht“ in der Ausstellung handelt vom momentan längeren Aufenthalt des Künstlers in Istanbul: die hölzernen rechteckigen Angelhalterungen, die von den Fischenden auf der Galata-Brücke in Istanbul verwendet werden, sind keilförmig zurechtgeschnitten, um sie auf einem Kreis miteinander zu „verschwägern“. Die dadurch erzeugte 12-er symmetrische, ornamental verzierte Rosette, die an ein muslimisches Architektur-Element erinnert, transportiert die Eindrücke des Künstlers vom Bosporus (in diesem Fall) nach Wien. Dabei verfährt er mit dem Brückengeländer ähnlich wie Physiker, die als mathematischen Kunstgriff die Gerade eines Lichtstrahls zum Kreis aufrollen. Ein Foto vom Angler mit Fisch am Haken ergänzt das „Dokument“. Misha Strojs Werke besitzen durchwegs einen imaginären und einen realen Anteil, mitunter auch einfach nur poetisch-figurativ als Nilpferd-Wolke-Kombination, mit und ohne Scharnier. -- 1) Das Buch von der Malerei ,- Heinrich Ludwig , Leonardo, Leonardo da Vinci, W. Braumüller, 1882 (orig.: Trattato della Pittura, verfasst: 1480–151 2) de.wiktionary.org/wiki/stroj 3) Zitate Misha Stroj, in persönlicher email-Korrespondenz mit der Autorin, 25.01.2014
Mehr Texte von Renate Quehenberger

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Misha Stroj
17.01 - 08.03.2014

kerstin engholm galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 3
Tel: +43 1 585 73 37, Fax: +43 1 585 73 38
Email: office@kerstinengholm.com
http://www.kerstinengholm.com
Öffnungszeiten: geschlossen


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