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Reisen ins Ich. Künstler / Selbst / Bild: Bitte um Aufregung!

Siegfried Gohr war einst, als Direktor des Museums Ludwig, zusammen mit Johannes Gachnang für die \"Bilderstreit\"-Schau zuständig, und was er damals, 1989, in die Kölner Messehallen lastwagenweise karrte, war einerseits so großformatig und überkandidelt und andererseits derart einem einzigen Händler willfährig, daß man in der Tat streiten konnte. Nun ist Siegfried Gohr, mittlerweile Professor in Karlsruhe, zusammen mit Gunda Luyken für \"Reisen ins Ich\" verantwortlich, und man wünschte sich in einen Zustand zurück, in dem man sich aufregen könnte. Daß sich Gohrs Auswahl in der Sammlung Essl um eben deren Bestand und also abermals um die monotonen Gefilde eines Einzelgeschmacks rankt, kann man ihm diesmal nicht vorwerfen. Daß den Künstlern bei allem, was sie sonst noch treiben, auch einmal das eigene Konterfei vors Auge gerät, kann schon einmal vorkommen. Daß es gute Arbeiten gibt, allen voran Francesco Clementes frühe transavantgardistische Aquarelle oder die Körperlandschaften von Österreichs nicht-expressivster Ausdruckskünstlerin, Maria Lassnig, ist bei einer Zusammenstellung von mehr als 80 Arbeiten auch drin. Desgleichen, daß es schlechte gibt. Diese Ausstellung ist, mit anderen Worten, von jener heiter-ausgewogenen, selbstverständlich-gewöhnlichen, ruhig-ungestörten Atmosphäre, daß in einem der Trübsinn aufsteigen mag. Gäbe es nicht einen Superlativ, den \"Reisen ins Ich\" für sich verbuchen kann, man wollte schier überhaupt nichts anmelden an Bemerkungen. Nicht nachfragen, wie das ist mit dem postmodernen Menschen, der verschwindet, wie ein Gesicht am Meeresstrand; nicht Walter Benjamin bemühen, der der Kunst der Moderne attestierte, sie folge nicht dem Denken des Ich, sondern dem Denken des Selbst; und auch nicht herumnörgeln, ob ein Selbstporträt im 20. Jahrhundert wirklich mehr über seinen Maler preisgibt als, sagen wir, ein Blumenstilleben. Doch es gibt ja einen Superlativ: \"Reisen ins Ich\" ist die langweiligste Ausstellung des Jahres.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Reisen ins Ich. Künstler / Selbst / Bild
10.10.2001 - 03.02.2002

Essl Museum
3400 Klosterneuburg, An der Donau-Au 1
Tel: +43-2243-370 50 150
http://www.essl.museum
Öffnungszeiten: geschlossen


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