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Why painting now?: Cover Up

- Why painting now? Heinrich Dunst, geübt in vertraxten theoretischen Fragestellungen, hat tatsächlich prometheisch Antworten parat. Er „performiert“ das Thema: zitiert Marcel Broodthaers, der erfolglos nach dem Wesen der Malerei fragt, trompetet dann Konrad Bayers „Es ist ja nur ein Medium!“ lauthals über die Stände der VIENNAFAIR hinweg, um dann versteckt hinter einem unbezeichneten Stück Karton in übersteigerter Fragmentierung „A–A–A“ stammelnd zu enden. Im Gespräch mit Antony Hudek (Tate Liverpool), Kurator von curated_by in den Krinzinger Projekten, einigen sich die beiden Wortführer emphatisch auf „bla–bla–bla“ und „miau“. Der sprachliche Diskurs führt sie nicht aus dem Dilemma. Die einzige Rettung scheint also nur in der Malerei selbst zu liegen. Ein unabsehbares Feld nicht andeutend, sondern aufreißend, zeigt Hudek in den Krinzinger Projekten mit seiner Schau „Cover Up“ in vielgestaltigen Möglichkeitsformen des doch unbändig–lebendigen Mediums auf: Zur Begrüßung mit der knallharte Konfrontation mit „Abstrakte Bilder müssen jetzt sterben.“, Albert Oehlen, Serigraphie 2004. Kein provokantes Diktat, sondern nüchterne Feststellung, die sich selbst invertiert indem sie sich in feuerroten Lettern über ein realistisches Porträt legt. Eine bizarre Pointe liegt dabei im „jetzt“. Die Absurdität der Kontroverse zwischen Abstraktion und Darstellung im Bildnerischen wird aufgedeckt – „Cover Up“ eben. Nahezu sämtliche Exponate stammen aus privaten Sammlungen. „Cover Up“ ist eine Station in Ursula Krinzingers langfristigem Projekt „Curators Collectors Collaborations“ (CCC), das die verschiedenen Positionen vernetzen und effiziente Perspektiven erzeugen und multiplizieren soll. Somit begleitet eine zweite Ebene die Fragestellung „Why painting now?“ bzw. gibt als Antwort affirmative Stellungnahmen zum Medium Malerei ab, sofern man den Erwerb des jeweiligen Stücks als subjektives Bekenntnis liest. Die Ausstellung ist zunächst wenig spektakulär, die Zusammenhänge tauchen allmählich auf. Hudek spannt ein Netz, in dem sich die Bilder eigenwillig polarisieren, sich argumentativ über ihre spezifischen Kriterien im gehängten Kontext behaupten. Dem ursprünglich als Anstrichprobe fungierenden „Bronze House-Projektstudie“ Plamen Dejanoffs oder dem monochromen „Ernte“–Bild Thomas Feuersteins, dessen Pigment ausschließlich aus Algen gewonnen ist, hält Martha Jungwirths Farbfleckmalerei, Inbegriff des Informell, durchaus Stand, gleichsam in Subjektivität erhaben. Ihr Werk wird flankiert von Heinrich Dunsts vierteiliger Serie, einem quasi intellektuellen analytischen (natürlich titellosen) Diskurs, der die Malerei an ihre begrifflichen Grenzen treibt. Quer durch die Länge beider Ausstellungsräume fällt der blanke Blick des frontalen Selbstporträts von Elke Krystufek. Die offene Pinselführung auf Leinen trägt ungeschminkte Verletzlichkeit vor, die in Irene Andessners fotografischem Porträt in Frans Hals–Manier auf ein komplementäres Gegenüber trifft, wobei dessen raffinierte Gaukelei in ihrer unterschwelligen Durchschaubarkeit bestechend ist. Da die Ausstellung auch den Subjektivismus des Sammelns verdeutlichen soll, gleich ob von Leidenschaft oder berechnendem Investment motiviert, sind darin (nach herkömmlichem Ästhetizismus beurteilt) merkwürdige Akzente genauso vertreten. Auch ein „ugly painting“ darf nicht fehlen. Und Hudek räumt seinem „ugly painting“ seinen berechtigten Stellenwert und prominente Position ein. Nicht weniger apart ein anderes Exponat: Der Farbstoff von Buth Peggys „Wald im Spätherbst nach Capsar David Friedrich“ aus Teer gibt sich als zähflüssige Masse, langsam aber unerbittlich, der Gravitation hin. Der sukzessive Übergang von der „schönen“ Mimesis zum ungegenständlichen schwarzen All Over von Rinnspuren und unweigerlich zum unwiederbringlichen Totalverlust ist Sinnbild für Vieles – und dezidierte Herausforderung für jeden Sammler. Gelassen angesichts solcher Schicksalshaftigkeit das Vis-à-Vis: Lucie Stahl rezipiert die Belanglosigkeit von Unterhaltungen auf und nach Vernissagen. Illustrativ liegt davor eine Skulptur von Franz West, original eingewickelt für den Transport, d.h. gar nicht ausgepackt. So wird sie ihren Wert unbeschadet behalten und noch steigern, außerdem: man weiß auch ohne direkte Anschauung wie ein West aussieht, das genügt für den (Small–) Talk. Somit wären wir wieder beim „bla–bla“ angelangt. Die strapazierten Debatten um die Relevanz der Malerei als totgelaufenes Medium lohnen effektiv nicht, sind als überlebte Polemiken des 20. Jahrhunderts obsolete Phantasmen. Bildliche Realitäten halten ihren souveränen Stellenwert, „the iconic turn“ ist längst passiert; und wie aus Antony Hudeks Mund tönt aus einer Box in den Krinzinger Projekten ein langgezogenes „miau“ – soweit der Kommentar zum „bla–bla“.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Why painting now?
10.10.2013 - 01.02.2014

Krinzinger Schottenfeld
1070 Wien, Schottenfeldgasse 45
Tel: +43 (1) 512 81 42
Email: krinzingerprojekte@gmx.at
http://www.galerie-krinzinger.at/projekte
Öffnungszeiten: Mi-Fr: 15-17h
Sa: 11-14h


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