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Nabis

Ähnlich wie Gleyres Atelier für die Impressionisten wurde auch die Privatschule des Rodolphe Julian zur Keimzelle einer künstlerischen Bewegung. An der Académie Julian trafen Pierre Bonnard und Edouard Vuillard auf den fünf Jahre älteren Paul Sérusier, der soeben aus Pont-Aven zurückgekehrt war, wo Paul Gauguin Spurensicherungen an der Rustikalität bretonischen Landlebens betrieben hatte. Maurice Denis stieß dazu, ebenso FelixVallotton, und später wird sich mit Aristide Maillol auch ein Bildhauer zugehörig erklären. Noch im Jahr 1888, gleich nachdem man sich kennengelernt hatte, formierte man sich als Gruppe und gab sich einen Namen, in dem die gemeinsame Identität auf den Punkt gebracht war. „Nabis“ nannte man sich, nach dem hebräischen Wort für „Prophet“, und natürlich war das Programm. Anders als die Impressionisten, in deren Begriff die künstlerische Methode zur Sprache kam, nach der man arbeitete, identifizierten sich die Nabis eher mit einer künstlerischen Rolle. Sie gaben sich als Eingeweihte, als Seher, als speziell Initiierte, die über ein Wissen verfügten, das nicht jedermann zugänglich war. Die Neue Pinakothek versammelt die Garde der Hermetiker jetzt zu einem rein Münchner Stelldichein, bestückt aus eigenen Beständen und jenen der Graphischen Sammlung. Weil man einen besitzt, ist auch Gauguin dabei. „Paris Intense“ ist die Veranstaltung betitelt, offenbar kokettiert sie mit dem momentanen Run auf die Städte. Doch Urbanität ist nicht unbedingt das hervorstechendeste Merkmal dieses Nachimpressionismus. Die Zeiten hatten sich nämlich geändert, die Licht- und Luftmalerei des Pleinair war dem Symbolismus gewichen. Wenn es vordem um Sichtbarkeit gegangen war, so stand nun wieder, wie in den Epochen vor der Moderne, das Sichtbarmachen auf dem Programm, die Konstruktion und Gemachtheit weniger des Dargestellten als der Darstellung selber. Was sich entsprechend hatte lernen lassen draußen, bei Gauguin und seiner Schule von Pont-Aven, war das Augenmerk auf die Zweidimensionalität der Leinwand, auf die Organisation der Oberflächen und auf die souveräne Gestaltung des Bildareals in ruhigen Zügen, großangelegten Farbpartien und in sich geschlossenen, abstrakt anmutenden Formen. In Anbetracht einer solchen Konzentration auf Material und Medium nimmt es nicht wunder, dass die Nabis auch der Druckgrafik neue Facetten abgewannen, und speziell die Lithografie findet dabei ihr Interesse. Von vornherein ist mit der Bearbeitung der Schieferplatten die Zweidimensionalität betont, und nicht von ungefähr funktioniert die Lithografie als Flachdruckverfahren. Paris intense. Die Nabis - Von Bonnard bis Vallotton Félix Vallotton, Deuxième Bureau, aus der Serie "Paris intense", 1893/94, Zinkographie, © Staatliche Graphische Sammlung, München Schlüssig erklärt und berühmt gemacht worden ist die Programmatik der Nabis von Maurice Denis. Im August 1890 hatte er die Formulierung gefunden: Es gelte, „sich zu erinnern, dass ein Gemälde, bevor es ein Schlachtross, eine nackte Frau oder irgendeine Anekdote darstellt, nichts anderes ist als eine plane Oberfläche, angefüllt mit Farben, die nach einer gewissen Ordnung verteilt sind.“ Das ist nun nichts anderes als die Formel des Modernismus. Damit geht es bis weit ins nächste Jahrhundert. www.pinakothek.de
Mehr Texte von Rainer Metzger

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