Elfie Semotan - Kontakt: Ich bin aber Kunst

Helmut Lang, Cordula Reyer, straighte Klamotten, markante Gesichter: Die Wiener Modewelt in den 1990er-Jahren stellt man sich cool zum Quadrat vor. Das Bild davon prägte wesentlich die Fotografin Elfie Semotan, die bereits mehrere Ausstellungen in Museen und Galerien in den Kunstkontext rückten – und nicht zu Unrecht. In der großen Schau der Kunsthalle Krems präsentiert sie nun zum Großteil noch nie gezeigte Arbeiten, die meist neben den Auftragsarbeiten für Mode- und Werbeindustrie entstanden. In einer elegischen Serie über die ungarische Puszta taucht etwa Supermodel Reyer neben knorrigen alten Menschen auf, mit kunstvoll zerwuscheltem Haar, tiefem Blick und lässig im Mund steckender Zigarette. In einer anderen Reihe persifliert Semotan allzu klischeehafte Vorstellungen von der Figur der Sekretärin – eine recht witzige Arbeit.

Bisweilen tragen die hier ausgewählten Werke allerdings recht forciert ihren Kunst-Anspruch vor sich her – und erinnern manchmal an jene von anderen Künstlern, die thematisch Ähnliches bereits weitaus interessanter artikulierten. Die von der Kunstgeschichte inspirierten Inszenierungen junger Schönheiten lassen an die Tableaux von Bettina Rheims denken, dort und da lugt Cindy Sherman hervor, und übermalte Fotografien gab es ebenfalls schon zu Hauf – nicht nur von Franz West oder Christian Ludwig Attersee.

Allzu häufig wird hier betont, wie sehr Semotan die Regeln des Genres brach – hier fotografiert sie eine Frau atypischerweise kletternd, dort vergleicht sie ein retuschiertes mit einem unbearbeiteten Porträt. Doch wenn der Regelbruch für die kommerzielle Fotografie völlig unüblich sein mag, so entspricht er in der bildenden Kunst eben genau der Konvention – so wird die Sache an dieser Stelle schwierig. Und so sind die besten Arbeiten in der Schau eben doch jene, auf denen nicht das „Ich-bin-aber-Kunst“-Schild klebt: Das Porträt von Louise Bourgois als kichernde alte Dame zwischen ihren knallrosa Skulpturen; die Aufnahme von Franz Graf in seinem leicht chaotisch wirkendem Haus; Maria Lassnig, die sich in einem verdammt stylischen Kleid am Boden wälzt. Das ist einfach unschlagbar.