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Lenbachhaus

Man muss München ja nicht unbedingt mögen. Wenn die Vorstadtstrizzis ihre – neuerdings – SUV auf dem Gehsteig parken und das für die Gestik des natürlichen Latin Lover halten, dann glauben sie gern, ihre Stadt sei die nördlichste Italiens. Natürlich ist das falsch, denn wenn es eine italienische Stadt in Deutschland gibt, ist das Köln: Die Hingabe, mit der sie am Rhein an einem schlechten Fußballverein, an ihrem katholischen Glauben und an der unverdrossenen Bereitschaft, sich lächerlich zu machen (im Karneval), hängen, das ist mit Fug Bella Figura. Wenn München topografisch außerhalb seines Territoriums zu verorten ist, dann wäre es eher die östlichste Stadt der Schweiz. Und weil sie hier viel Geld haben, leisten sie sich gerade auch das mittlerweile einschlägig übliche Engagement für zeitgenössische Kunst. Gerade haben sie die Städtische Galerie wiedereröffnet, die in der ehemaligen Villa des Künstlerfürsten Franz von Lenbach residiert, einer Villa Suburbana, was allein daran zu erkennen ist, dass das gelbgetünchte Areal gleich außerhalb der Toranlage der Propyläen situiert ist. Norman Foster, wer sonst, hat der Anlage jetzt ein Foyer samt um- und darüberliegenden Galerieräumen und den Generalplan des Umbaus verpasst.
Lenbachhaus und Königsplatz mit Propyläen, 2013, Foto: Lenbachhaus
Was gut ist an der neuen Situation: Die Lichtverhältnisse sind, basierend auf einem Konzept des Münchner Künstlers Dietmar Tanterl, in der Gegenwart gelandet; es gibt jetzt ein drittes Stockwerk, zum Teil Fosters Neubau entsprechend, zum Teil der alten Anlage aufgepfropft; der ehrwürdige Mitteltrakt von Lenbachs Vorzeigearchitektur aus dem späten 19. Jahrhundert ist als eine Art Haus im Haus freigestellt, so dass es von den aktuellen Teilen gerahmt und in dieser Fassung auch als historistisches Kleinod inszeniert wird. Was einfach neu ist an der Situation: Im ehedem Ateliertrakt gibt es jetzt nur die, dank einer Schenkung von Lothar Schirmer in den Beständen stark vermehrte, Kollektion von Joseph Beuys zu sehen; der Blaue Reiter, seit Gabriele Münters Vermächtnis die Ursache für die Weltgeltung des Hauses, prangt jetzt in der dritten Etage; das 19. Jahrhundert ist jetzt vis-à-vis des Ateliertrakts präsentiert, dort, wo früher die Wechselausstellungen stattfanden; Kunst von der Nachkriegszeit bis zu unmittelbaren Gegenwart zeigt sich jetzt über fast die ganze zweite Etage verteilt. Was schlecht ist an der neuen Situation: Man betritt das Gebäude jetzt von einer Ecklösung zwischen Neu- und Atelierbau her, und der wunderbare Garten, der einst einstimmte auf das spezielle Erlebnis ist zwar noch zu besichtigen, aber nicht mehr integraler Teil des Ensembles; es gibt kein Areal mehr für Wechselausstellungen (die wohl in Zukunft in der Souterrain-Morgue des U-Restbahnhofs namens Kunstbau stattfinden werden); und schließlich und vor allem: Fosters gülden glimmernde, schlichtweg hässliche Messingfassade, ein Leib- und Magenstück an Renommierapplikation, eine signaturhafte Anpassung an das München von Heute. Nachtrag: Ich war anschließend dann noch im Stadtmuseum. Das städtische Haus für alles Mögliche, etwa für Urbanistik, Mode, Fotografie oder Kunstgeschichte des Gemeinwesens, ein Haus, dem etwa das Deutsche Historische Museum in Berlin seine beiden bisher amtierenden Direktoren verdankt, ein Haus, das auf seine Art nicht weniger Weltgeltung beanspruchen kann, es gammelt vor sich hin. Status Quo ungenügend: Ein wenig von den Ressourcen des Lenbachhauses wäre hier dringend geboten.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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