Wolfgang Pichler,
Anna Mitterer: Karl May beim Fotografen
Es ist ein Setting wie in einem klassischen HerrscherInnenportrait der Neuzeit wie etwa bei Velázquez' berühmtem Portrait der Marianne von Österreich aus 1651: am linken Bildrand ein kunstvoll drapierter vom Bild nur angeschnittener Vorhang mit antikisierenden Motiven, ein Podest mit Statue rechts im Bild, in der Mitte ein selbstbewusst und stolz sich in feinstem Gewand präsentierender würdiger Herr. Dieser würdige Herr ist aber ein Schamane der Navajo namens Roy Pete den die 1980 geborene Künstlerin in ihrer Serie „BE-TAS-TNI“ zum Protagonisten ihrer großformatigen Portraits macht. Anna Mitterer baut aus bemalten Stellwänden, einem Sockel und jenem oben erwähnten obligatiorischen Vorhang ein Setting, wie es die Fotographen der gesamten zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in ihren repräsentativen Portraits verwendet haben.
In einer Abfolge von fünf gleich konstruierten Photos wird das Bild des „Indianers“ von „nicht vorhanden“ (leere Kulisse) über die traditionelle Stammestracht und einen klassischen Anzug eines Gentleman um 1900 bis hin zur gegenwärtigen Darstellung mit Kapuzensweater variiert. Wie der Titel – der soviel wie Spiegel in der Sprache der Navajo bedeutet – bereits verrät, ist hier das Thema nicht jener Roy Pete sondern unsere Klischees und Sehgewohnheiten, was spätestens mit den zwei weiteren Werken der Schau klar wird. Diese spartanisch mit etwas schwarzer Farbe auf Leinwand skizzierten Bilder zeigen jene klassische Situation im Fotoatelier in der sie oben erwähnten Portraits des späten 19. Jahrhunderts entstanden sind. Die Bedingungen des Entstehens von Klischees werden im zweiten auf Leinwand gemalten Bild noch einmal ironisch gebrochen, indem die Leinwand einen gefalteten Paravent bildet wie er zum unverzichtbaren Accessoire jedes Ateliers dieser Zeit gehörte. Was dem Verbergen nicht gesellschaftlich gewünschter Tatsachen (damals der nackte Körper und die Sexualität) diente, wird hier zum eigentlichen Anschauungsobjekt.
Resümierend bleibt zu sagen, dass es sich hier um eine wohldurchdachte und zusätzlich auch ästhetisch ansprechende Auseinandersetzung mit jenen nicht zuletzt von Karl May erschaffenen Traumbildern vom „Wilden Westen“ und den „Indianern“ handelt. Anna Mitterer hält uns und unseren stereotypen Vorstellungen einen „BE-TAS-TNI“ entgegen, und tut damit genau das weshalb Kunst schon immer unangenehm aber auch unverzichtbar war.
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Anna Mitterer
14.05 - 06.06.2013
Startgalerie im MUSA
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