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Raus mit der Rosenkranzmadonna!

Man braucht keine Erzkatholikin zu sein, um dem Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien skeptisch gegenüber zu stehen. Auch der Politologe Anton Pelinka, der in der Österreich-Ausgabe der „Zeit“ den bisher klügsten Kommentar zum Thema publiziert hat, fiel noch nie mit allzu eifrigem kirchlichem Engagement auf. An einigen Stellen üben die Initiatoren durchaus zu Recht Kritik am Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Dass Religionsvertreter im ORF-Stiftungsrat sitzen, ist tatsächlich alles andere als zeitgemäß. Dass hingegen die konfessionellen Sendungen des ORF „vatikannahe“ seien, kann nur jemand behaupten, der noch nie „kreuz und quer“ gesehen hat. Bemerkenswert sind darüber hinaus folgende Ausführungen: „Früher war die Steuerbefreiung der Kirche im öffentlichen Interesse. Heute sind weniger als 2/3 der Bevölkerung noch gläubig. Die Steuerbefreiung dient daher nicht mehr öffentlichen, sondern Partikular-Interessen und Rom.“ Das heißt: Alles, was weniger als zwei Dritteln der Gesellschaft nützt, zählt nicht zu den öffentlichen Interessen. Also wozu Kultursubventionen, Drogenpräventionsprogramme, sozialer Wohnbau – wenn doch bestimmt weniger als 66,6 Prozent periodisch der Österreicherinnen und Österreicher davon profitieren? Nicht recht viel mehr überlegt hat man sich offenkundig auch dort, wo es um die Sanierung von kirchlichen Bauten geht. Diese würden „vielfach aus Mitteln der Allgemeinheit saniert, z. B. über das Bundesdenkmalamt. Fast 50% der Denkmalausgaben dienen der Erhaltung kirchlicher Bauten.“ Das mag schon sein. Dass aber die Kirche in der Lage wäre, dafür gänzlich selbst aufzukommen, kann stark bezweifelt werden. Schon jetzt überlegen sich Klöster, Kunstwerke zu verkaufen, um Renovierungskosten tragen zu können. Und ob es uns passt oder nicht: Österreich hat eben eine katholische Vergangenheit – deren Auswüchse wir selbstverständlich kritisieren müssen. Aber sie prägte eben auch die Kunst, über viele Jahrhunderte. Es geht nicht nur um jene Touristenströme, die Klöster und Kirchen besichtigen und dabei Millionen Euro im Land lassen. Es geht auch um eine Verantwortung gegenüber der Kunstgeschichte, aus der sich die Republik nicht stehlen kann. Viele der bedeutendsten Bauwerke des Landes sind christliche – der Stephansdom, zahlreiche barocke Klöster wie Admont, Melk und Altenburg, aber auch weniger Fremdenverkehrstaugliches wie die wunderbare romanische Kirche von Schöngrabern. Konsequenterweise müsste das Volksbegehren nämlich auch fordern, dass die Museen ihre Kunstwerke religiösen Inhalts verscherbeln. Denn schließlich erhalten sie diese nicht nur mit ungeheurem Personalaufwand, sondern lagern sie auch – es werden also enorme Depotkosten zum alleinigen Wohl der katholischen Kirche und ihrer Mitglieder verursacht. Also: Raus mit Caravaggios Rosenkranzmadonna! Bei Sotheby’s New York fände man bestimmt einen zahlungswilligen Abnehmer.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Eine kausalierende Begründung ... ...
Stach | 23.04.2013 11:12 | antworten
... hatscht aber in diesem ansonsten angenehm differenzierenden Artikel: Die Caravaggios und die Rosenkranzmadonna haben zwar religiöse Thematiken bzw. Inhalte, sie sind aber nicht Eigentum der Kirche.

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