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Sorgfaltspflichten

Jetzt muss ich nochmal auf den Merkur vom März zurückkommen (siehe Blog vom 7. März). Der Berliner Lektor Joachim Rohloff mokiert sich in seinem Beitrag, wie es aussieht, „Wenn Frank Schirrmacher einen Bestseller schreibt“. Es geht Rohloff nicht um das neueste Opus des F.A.Z.-Herausgebers, das sich ausgerechnet den Kapitalismus vornimmt; sondern um jenes, das schon längst in die Blockbuster-Sphären aufgestiegen ist, um „Payback“ (Blessing Verlag München, 2009), in dem Schirrmacher sein Mütchen am Informationszeitalter kühlte. Rohloff tut nun nichts anderes als die Fehler in dem Buch aufzuzählen, Dutzende, Hunderte, über sieben engbedruckte Seiten hinweg, Rechtschreib-, Grammatik-, Recherche- und Analysefehler. „Sorgfaltspflichten“ ist Rohloffs Denkzettel überschrieben. Leider hat der Autor es noch nötig, in seiner Bio hinzuweisen: „nimmt Aufträge an“; doch das wäre, siehe die Causerie von Martin Fritz, ein anderes Thema. Jedenfalls möchte Rohloff die Leser bei ihrer „Kaufentscheidung massiv und nachhaltig beeinflussen“ – in welche Richtung, liegt auf der Hand. Fallen mir doch gleich auch einige „Sorgfaltspflichten“ ein, die ich bei Verfassern von potentiellen Bestsellern anmahnen könnte. Gemessen jedenfalls an solchen ihrer Publikationen, die bereits Bestseller sind. Cover Detail, Philip Blom, Der taumelnde Kontinent Beispiel eins: Philip Blom, Der taumelnde Kontinent, 2008, im folgenden zitiert nach der dtv-Ausgabe 2011. Emil Rathenau war zu Kaisers Zeiten AEG-Vorstand, nicht sein Sohn Walther (61); die Schwester Wittgensteins, für die er das Haus baute, heißt Margaret, nicht Hermine (84); Frederick Leighton, der englische Maler, nicht Edmund (327); der Maximin von Stefan George heißt bürgerlich Maximilian Kronberger, nicht Max Kommerell (237); Pierre Loti wurde 1850 geboren, nicht 1815 (143 - hat Blom diktiert?); Kokoschkas „träumende Knaben“ sind 1908, nicht 1903 (285); ebenfalls 1908 bringt Kokoschka sein Stück „Mörder, Hoffnung der Frauen“ auf die Bühne - „damals“ (444) hatte er noch keine Affäre mit Alma; „Experimentierstation für den Weltuntergang“ wird Karl Kraus zitiert (96) – es heißt in Fackel, 10. Juli 1914, Seite 2: „Versuchsstation des Weltuntergangs“. Undsoweiter Cover Detail, Peter Ackroyd, Venedig – Die Biographie Beispiel zwei: Peter Ackroyd, Venedig – Die Biographie, im englischen Original 2009, zitiert nach der deutschen Taschenbuch-Ausgabe bei btb 2012. „Sobald die Sonne hinter den Bergen des Friaul versunken ist“ (42) – von Venedig aus kann sie da bestenfalls aufgehen; die Markuskirche ist keine „Basilika“ (64 und 446), sondern eine Kreuzkuppelkirche; „viele Gebäude wurden auch mit Fresken von Künstlern wie Giorgione oder Tizian geschmückt“ (236) – eben nicht, wegen der salzigen Luft wurde alles auf Leinwände gemalt; Santa Croce und San Polo sind westliche, keine östlichen Stadtteile (387 – auf dem Stadtplan ist es auch richtig wiedergegeben, allerdings steht da „San Croce“); Vasari ist nicht „zwei Jahrhunderte später“ als Tintoretto (393), sondern gleichzeitig; „San Zanipolo auf dem Markusplatz“ (457) gibt es nicht, es ist die Kirche Santi Giovanni e Paolo auf venezianisch ausgesprochen; noch eine Kirche heißt San Giovanni Crisostomo, nicht „Gristostomo“ (528 und 529). Undsoweiter. Genervt? Ich auch.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Und worum geht es?
Stefan Huntemann | 22.03.2013 10:07 | antworten
Sie MÜSSEN also noch einmal auf den "Merkur" zurückkommen, und in der Tat hat man irgendwie den Eindruck, dass Sie etwas gegen den Artikel über Schirrmacher einwenden wollen. Aber was ist es denn eigentlich? Warum sagen Sie es nicht?

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