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Die Lösung

\"Nach dem Aufstand des 17. Juni/Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands/Auf der Stalinallee Flugblätter verteilen/Auf denen zu lesen war, daß das Volk/Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe/Und es nur durch verdoppelte Arbeit/Zurückerobern könne. Wäre es da/Nicht doch einfacher, die Regierung/Löste das Volk auf und/Wählte ein anderes?\" Diese Zeilen stammen von Bert Brecht. Sie reagieren auf den 17. Juni 1953, an dem es zu einer Reihe von Demonstrationen und Tumulten gegen das DDR-Regime und dabei zu etlichen Toten gekommen war. Die alte Bundesrepublik raffte das Ereignis sogleich an sich und stilisierte daraus den Tag der deutschen Einheit. Man kennt Brechts Zeilen dazu und hat sie gern, weil sie auf so etwas wie eine demokratische Gesinnung weisen, auf die der Altmeister sozialistisch engagierten Schreibens seinerzeit gekommen war. \"Österreicher werden aus Schaden dumm\": Dieses Statement wurde aus Anlass des 24. November 2002 in die Welt gesetzt. Die Wähler haben es wieder falsch gemacht, läßt ein namhafter Vertreter des hiesigen Schriftstellergewerbes einen Tageszeitungsbeitrag verteilen, denn sie haben: eh schon wissen. Die Betroffenheits-, Unmuts-, Ungläubigkeitsbekundungen schossen angesichts von Schüssels Triumph nur so aus dem Humus des hiesigen Geisteslebens. Am einfachsten hätte Österreichs kulturelle Klasse sich ein neues Volk gewählt. Es gibt keine, kaum eine Intellektualität in Österreich. Es gibt die Essayistik-Popanze, die das Faktum, dass sie viel schreiben, kurzschließen mit der Fiktion, dass sie viel denken. Es gibt die expressiven Protestierer, die über Standleitungen in die Redaktionen verfügen, um ihre Meinung anschließend in ein Stück fürs Burgtheater einzubringen. Und dann sind da noch die Meistgefragten, das Sprachkapazität gewordene Prinzip Ombudsman, die nur das Beste wollen, das sie bekanntermaßen und mit dem Beispiel von letzter Woche einmal mehr nicht bekommen. Brechts Gedicht heißt übrigens \"Die Lösung\". Und hier sind wir beim Punkt: Intellektualität ist hierzulande das Problem, für dessen Lösung sie sich hält.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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