Werbung
,

Raoul De Keyser 1930 - 2012

Mit Gartenschlauch und Krücke Eins ist ziemlich klar: Wenn sich noch irgendein Land mit Blick auf die Kunst so etwas wie regionale Besonderheit bewahrt hat, dann Belgien. Man muss dabei nicht gleich an René Magritte denken, dessen Surrealismus so ganz anders als der seiner Zeitgenossen war. Und in der Gegenwart erstaunen Künstler wie Luk Berghe, Guillaume Bijl, Michaël Borremans oder Wim Delvoye mit ganz eigenen und eigenartigen Installationen, Gemälden, Grafiken, Plastiken und gegenständlichen Explorationen. Auch in der Generation zwischen dem Jetzt und den Modernen gibt es diese ganz besonderen, andersartigen Positionen. Eine davon definierte Raoul De Keyser für die Malerei. Und förderte damit dieses ganz Besondere des belgischen Humors wie Weltverstands bildlich zutage. Einen quietschgrünen Gartenschlauch mit Spritze am Ende erkennt man soeben noch. Er hängt an einem imaginären Haken außerhalb des Bildes. Müsste jedoch eigentlich sichtbar sein. Dahinter eine kräftig blaue Fläche, die schon keinerlei Gegenstandsbezug mehr aufweist. Der "Hintergrund" des Hochformats "Slang" von 1966 ist ein weitgehend monochromes Weiß. Als in den 60ern die Dinge wieder interessant wurden und das Einfache des Alltags zu frischem Ruhm kam, versöhnte De Keyser die Pole des Ungegenständlichen mit dem Figürlichen. Und das auf so einfache wie geniale Weise. In Deinze, in Ostflandern, 1930 geboren, studierte er an der dortigen Akademie. 1966 reüssierte er museal in einer Drei-Mann-Ausstellung im niederländischen Groningen mit seinem Lehrer Roger Raveel, Jahrgang 1921, und dem 2007 verstorbenen Etienne Elias. Die arbeiteten figürlich und blieben Zeit ihres Lebens dem Gegenstand verpflichtet. Im Werk von De Keyser lässt sich diese Kontinuität schon kategorial nicht festlegen. Seine Arbeiten erinnern an von Beginn an an Strömungen etwa der Pop Art, sind es jedoch keineswegs. Zu dieser Zeit ist er Mitglied der Gruppe "New Vision", aber der internationale Erfolg lässt auf sich warten. Wenn gleich diese Kunst auf der Höhe ihrer Zeit und vielleicht längst darüber hinaus war. Es dauerte bis 1992, damit seinem Werk die notwendige Aufmerksamkeit zuteil wurde. Landsmann Jan Hoet zeichnete als Direktor der Documenta 9 verantwortlich und holte ihn in seine Riesenschau. Plötzlich weckte De Keyser allerorten Interesse, obschon er bereits 1972 die São-Paulo-Biennale bespielte oder 1986 in der Kunsthalle Bern zu sehen war. Seit 1999 vertritt ihn David Zwirner, und das Kunstmuseum Bonn feierte ihn 2009 mit einer großen Retrospektive. Immer wieder entstehen diese malerischen Erkundungen in stillem, nachdenklichen und ironischen Ton an den Grenzen zwischen Figur und fast schon formalistischer Reduktion wie in "Krücke" von 2007. Diese Wanderungen sind an ihr Ziel gekommen. Weitere Entdeckungsreisen an den Rändern der Dinge müssen andere unternehmen. Am vergangenen Samstag ist Raoul De Keyser im Alter von 82 Jahren gestorben.
Mehr Texte von Matthias Kampmann

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: