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Nomaden und Österreicher

Seine Vorbilder, so bekannte Yohji Yamamoto vor zehn Jahren, seien die \"Vagabunden, die Reisenden, diejenigen, die ihr ganzes Leben auf dem Rücken tragen; alles, was sie besitzen, ihre Erinnerungen, ihre Schätze, ihre Geheimnisse... Das ist die ideale Kleidung: Nie wird einem so etwas gelingen\". Ein solcher Satz riecht so richtig nach dem Stil der neuen Zeit, in der wir es uns ortlos gemütlich gemacht haben. Yamamoto ist etwas für Leute, denen es gefällt, wenn der \"steirische herbst\" alle Jahre wieder eine \"neue Nomadologie\" ausruft. Umherschweifend war vor allem die Besetzung, die Yamamotos Pariser Show für einen prallvollen Abend des 4. November ins Wiener Quartier 21 hinübertrug. Die offensichtlichen Laienmodels waren zum Teil und ganz offensichtlich auf der Strasse gecastet, und sie sorgten reichlich dafür, dass die versprochene \"Originalinszenierung\" ziemlich im heimischen Idiom daherkam. Der Internationalismus von Yamamotos Vagantentum musste vor allem unter dem Manko globaler Coolness leiden. Geschlechterkonform wie eh und je sahen die Buben aggressiv drein, wenn sie nach nichts dreinsehen sollten; die Mädchen übten sich demgegenüber im Kurzsichtigenduktus des \"Kann mir hier einer weiterhelfen?\" Dem, was sie anhatten, tat das keinen Abbruch. Was ficht es auch die Schlitze an, die der Meister immer noch großzügig verteilt, den Gout des \"Faux Vieux\", des schon Gebrauchten, der langsam in eine Art persönliches Rokoko mündet? Yamamotos Anleihen bei sich selbst werden immer ziselierter, raffinierter, womöglich manierierter. Dass er und mit ihm sein Publikum es sich leisten kann, wurde besonders daran deutlich, dass zwischen Pret-à-Porter und Haute Couture keine Unterschiede an Konvenienz oder Tragbarkeit festzustellen waren. Immerhin prangten an der Hohen Schneiderei bisweilen einige flattrige Originalmalereien. Das Spektakuläre bis zum Schamhaar offener Dekolletees hat der Divus wirklich nicht nötig. Der Applaus dafür war allerdings sehr endenwollend. Montag, 4. November 2002, 20.30 Uhr MuseumsQuartier Wien, MQ Ovalhalle / Erste Bank Arena
Mehr Texte von Rainer Metzger

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