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Marianne Lang, Olaf Osten und Judith Saupper: Diskurseinladung

Judith Saupper ist eine inzwischen etablierte Künstlerin der bäckerstrasse4, erst jüngst wurden Olaf Osten und Marianne Lang für die Plattform gewonnen. Gemeinsam konzipierten sie nun in der bäckerstrasse4 eine medienübergreifende Ausstellung. Der Kontext Architektur, Mensch und Natur wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln und Herangehensweisen in ein diskursives Spiel transferiert, das multiple Ausdrucksformen offen legt. Marianne Lang hat diesmal mit ihrer Zeichnung in die Architektur eingegriffen und den Raum selbst überlagert. In situ legte sie an der Mauer des ersten Ausstellungsraums in Sgraffito-ähnlicher Manier eine vegetabile Ranke frei, deren Blattwerk durch die verschiedenen Abstufungen der darunter liegenden Fassungsreste mit einem nuancenreichen Farbspiel belebt ist. Bezeichnend ist der Titel „Schattengewächs“. Davor sind aus Karton gefertigte Paletten mit darauf liegenden Stapeln von Tiefdrucken mit der detaillierten Darstellung von Ziegeln positioniert, „on the brick“. Die Reflektion von Materialität und Illusion, Wunsch und Täuschung wird in dem Video „my house in france“ noch mit einer scheinbaren Idylle im Konnex Natur gespiegelt. Tatsächliche Ziegel hat Judith Saupper angehäuft: Sie scheinen aus Gebäuden ausgebrochen zu sein, die darauf notierten Adressen deuten auf den Wohnort von Personen mit verantwortungsvollen Positionen. Sauppers „Untergrabungen (Lösungsvorschläge oder nötige Umbauarbeiten)“ sind eine Anspielung auf die These, dass eine „schönere“ Architektur eine höhere moralische Handlungsfähigkeit bewirken könne, Utopie und zugleich Versuch einer auffordernden Kritik an den ausgewählten Bewohnern der zitierten Adressen. Ruinös ist auch das Modell einer Industriearchitektur, das die Künstlerin von der Decke hängt und sich aufreizend im Kreis drehen lässt. Eine bewegte Lichtprojektion taucht die Szenerie in eine traumähnliche Atmosphäre, die wiederum durch den monotonen kurzen Refrain „you can rent this area“ aufgerieben wird. In dem Modell-Objekt „Potemkin (oder Mensch wie Haus)“, einer herausgeputzten Fassade, die tatsächlich ein zerbröckelndes Fragment ist, wird eine Facette von Sauppers künstlerischer Methodik explizit. Menschliche Haltungen und architektonische Konstellationen werden in einer dialektischen Differenz beobachtet und mit subtiler Ironie umgesetzt. Diesen Maßstab legt auch Olaf Osten mit seinen Taschenkalendernotizen an. Unmittelbare Wahrnehmung und spontane Zeichnung sind als ein identisches temporäres Moment gleichgesetzt. Im großformatigen Print des aufgeschlagenen Kalenders wird die Flüchtigkeit der Architekturzeichnung zu monumentaler Bedeutung und Permanenz gesteigert und zu scheinbar körperlicher Präsenz potenziert. Die Arbeiten der drei jungen KünstlerInnen greifen formal und inhaltlich ineinander. Gemeinsamkeiten und Diversität bilden ein vielgestaltiges Gefüge, das unwillkürlich den Einstieg in den Diskurs einfordert: Architektur intensiviert im Kontext zwischen Natur und Mensch wahrzunehmen, aufmerksam, kritisch und aus diversen Perspektiven. Und die Relevanz der verlangten Aufmerksamkeit überzeugt.
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Marianne Lang, Olaf Osten und Judith Saupper
20.06 - 26.07.2012

bäckerstrasse4
1010 Wien, Bäckerstraße 4
Tel: +43 676 555 1 777, Fax: + 43 1 369 4777
Email: office@baeckerstrasse4.at
http://www.baeckerstrasse4.at
Öffnungszeiten: geschlossen, siehe Galerie Sturm & Schober


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