Thomas Kahler,
Fliegeruhren
Wer sich mit dem großen Angebot an historischen Armbanduhren vertraut macht, wird über kurz oder lang wohl eine Vorliebe für bestimmte Modelle entwickeln. Fliegeruhren bilden hierbei eine ganz besondere Gruppe. Ob als Vintage-Modell oder in einer dem Original gleichenden Neuauflage werden Fliegeruhren, meist mit Chronographenfunktion, bei renommierten Uhrenfachhändlern oder auch internationalen Spezialauktionen in unterschiedlicher Qualität und Erhaltungszustand angeboten. Ein etwas höherer Preis für das besser erhaltene Modell zahlt sich in jedem Fall aus. Besonders interessant für den Sammler sind limitierte Editionen.
Das Angebot im Überblick
Seit 1979 ist die "Santos", die zu recht als erste Fliegeruhr bezeichnet wird, ganz dem historischen Vorbild nachempfunden, Teil der Cartier-Kollektion. Der Wunsch des Flugpioniers Alberto Santos-Dumont nach einer praktikablen Uhr fand zu Beginn des Jahrhunderts bei Louis Cartier Gehör und war Ansporn genug, sich dieser neuen, technischen Herausforderung zu stellen. Schlicht, leicht ablesbar, beanspruchbar und zuverlässig lautete von da an das Credo dem Fliegeruhren zu genügen hatten.
Als Charles Lindbergh am 21. Mai 1927 seinen ersten Transatlantik-Flug wagte, war der glückliche Ausgang dieses Abenteuers mehr als fraglich. Aus dieser Erfahrung heraus brachte Longines 1931 als führendes Uhrenunternehmen die erste eigentliche Fliegeruhr auf den Markt. Diese "Stundenwinkeluhr", ermöglichte in Verbindung mit dem Sextanten die genaue Berechnung der Längengrade. Sie wurde, erst unlängst, in einer Spezialedition wieder aufgelegt. Im übrigen waren es nicht allein militärische Zwecke die einen Technologieschub auslösten. 1935 brachte IWC mit der Mark IX die erste Spezialuhr für Flieger auf den Markt. Das Schweizer Unternehmen entwickelte daraus eine Uhrenserie, die noch heute durch ihre Einheit von Form und Funktion besticht. Äußerst robust, ganggenau, sowie geschützt vor magnetischen Störungen, gehören diese Uhren und damit auch die derzeitige Mark XV längst zu den Klassikern. 2002 ist auch die "Grosse Fliegeruhr" von IWC, Kaliber 5011 mit Automatik, 7 Tage Gangreserve und Datumsanzeige für Uhrenliebhaber wieder erhältlich. Ein zusätzliches Innengehäuse aus Weicheisen bietet bei diesen Uhren den unerlässlichen Schutz vor magnetischen Störungen. In Deutschland geniessen der Chronograph "Tutima"/Glashütte und aviatorische Zeitmesser aus dem Hause Lange und Söhne einen legendären Ruf und damit das Recht auf Neuauflage.
In der Nachkriegszeit befanden sich analoge Fliegeruhren - heute begehrte Sammelobjekte und meist unlängst neu aufgelegt - am Höhepunkt der technischen Entwicklung. Als wesentliche Hilfsmittel für Piloten halfen Stoppfunktionen u.a. beim Ermitteln der genauen Fluggeschwindigkeit und der Kontrolle des Kerosinverbrauchs. All diese Erfordernisse in erstmals überzeugender Art und Weise erfüllt 1952 der Breitling "Navitimer". Dieser Chronograph und seine Nachfolger verfügen über einen integrierten Rechenschieber für die Bestimmung von Steig- und Sinkgeschwindigkeiten, erlauben die Umrechnung von nautischen Meilen in Kilometern. Damit wurde ein neues Kapitel im Bereich Fliegeruhren eingeläutet: Uhren wie die bereits erwähnte "Navitimer", sie feiert dieses Jahr 50jähriges Jubiläum, sowie die "Omega Speedmaster Professional" geben nun den Ton an. Letztere hat es auch - im übertragenen Sinn - weit gebracht, war dies doch die einzige Uhr, die, von einem Astronauten getragen, zum Mond flog.
Vorsicht Fälschung!
Die Nachfrage nach guten originalen Stücken hat im Bereich Fliegeruhren in den vergangenen Jahren immer wieder Fälschungen begünstigt. Aber auch auf "Mariagen" wie sie mitunter aus dem Großuhrenbereich bekannt sind, muß man als Interessent achten. Oftmals passen Werke und Gehäuse eben nicht zusammen. Seriöse Fachhändler beraten hinsichtlich Ausführung und Zustand hier äußerst kompetent. Grundsätzlich sollte aber eine solche Uhr nur mit den notwendigen Papieren erworben werden. Fehlen die Papier und ist der Preis erstaunlich günstig, ist Vorsicht angebracht.
Ein Wort zur Pflege
Speziell Fliegeruhren aus den Dreissiger bis hinzu den Fünfziger Jahren sind rare Liebhaberstücke, die nicht unbedingt für den täglichen Gebrauch bestimmt sind. Ihr Wert ist in den letzten fünfzehn Jahren zudem beachtlich gestiegen. Soll er erhalten werden, so sind folgende Ratschläge zu berücksichtigen: Die Werke solcher Uhren sind zwar sehr robust, haben aber lange Jahre des Betriebs hinter sich. Deshalb kann die Wasserdichtigkeit unter Umständen nicht mehr garantiert sein. Auch darf man bei aller Robustheit nicht übersehen, dass die technische Entwicklung im Bereich der Uhrwerksmechanik weiter fortgeschritten ist. Die Revision solcher Uhren sollte deshalb ein Fachmann für Historische Armbanduhren übernehmen. Sich selbst zu betätigen, davon ist abzuraten. Werden nämlich dabei wichtige Teile des Werks beschädigt, läßt sich selbst über heute noch existierende Firmen oftmals nur schwer Ersatz beschaffen, von den Kosten gar nicht zu reden. Eine fachmännisch ausgeführte Revision kostet zwar Geld, erhöht den Wert eines Sammlerstücks und die Freude daran aber beträchtlich.
Tipp
Wer sich mit dem Thema näher beschäftigen möchte, ist mit dem Standardwerk Armbanduhren - 100 Jahre Entwicklungsgeschichte (Brunner, Kahlert, Mühe) erschienen bei Callwey gut und fundiert beraten.
Uhrenauktionen in denen Fliegeruhren angeboten werden, finden u.a. im Palais Dorotheum/Wien oder dem Auktionshaus Dr. Crott/Mannheim statt. Die aktuellen Termine sind Publikationen wie dem Deutschen Uhrenmagazin zu entnehmen.
Callwey
Dorotheum
Auktionshaus Dr. Crott
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1 Posting in diesem ForumFliegeruhren
Rudolf Geretschläger | 15.08.2005 08:13 | antworten
Zum Thema Fliegeruhren und Fälschungen habe ich folgende Frage: Gibt es von A. Lange&Söhne eine Fliegeruhr mit Flyback Funktion aus dem Jahr 1990? Wenn ja, gibt es Fotos dieser Uhr zum Vergleich?
Danke,
Rudi Geretschläger
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