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Damit die Synapsen "klick" machen

Erfolg muss auch gezeigt werden. Eduard Pomeranz steht zur Investment-Branche, die es ihm ermöglicht hat, in wenigen Jahren eine umfangreiche und interessante Sammlung zeitgenössischer Kunst zusammen zu tragen. Wie zielgerade er mit Kunst umgeht und wozu ihn Kunst anspornt, verrät er im artmagazine-Interview anlässlich der Ausstellung im Jüdischen Museum Wien, wo die Sammlung Pomeranz erstmals präsentiert wird. artmagazine.cc: Die Sammlung Pomeranz ist in dieser Größe sicher eine der jüngsten Sammlungen in Österreich. Sie selbst geben auf der Homepage der Sammlung den Beginn mit 2007 an. Eduard Pomeranz: Ja, es begann am 12. Jänner 2007 mit dem Kauf von zwei Zeichnungen von Sol Lewitt bei einer Auktion in Israel. Davor habe ich nichts gehabt. Wie kamen Sie zu der Entscheidung mit dem Kunstsammeln zu beginnen? Einer meiner Lebensgrundsätze ist das Wachstum. Zweitens umgebe ich mich gerne mit Menschen, Dingen und Gedanken, die anders und/oder besser sind als ich, denn nur so kann ich wachsen. Kunst ist für mich eine Möglichkeit, mich mit völlig konträren Gedanken zu messen. Es gefällt mir, mich auch mit sehr kritischen Gedanken zu unserer Gesellschaft, unserer Situation und meiner Branche auseinanderzusetzen. Zweitens sind Künstler in der Regel viel sensibler und spüren den Zeitgeist besser als wir und können die zukünftigen Entwicklungen wesentlich besser vorausahnen. Es interessiert mich einfach, da mit dabei zu sein. Der dritte Aspekt betrifft meine Liebe zur Geschichte. Wenn man so eine Sammlung aufbaut und erhalten kann, dann wird man einfach Teil der Geschichte. Sie sind aber auch Investor Wir (Anm. die FTC Capital GmbH) sind ein Alternative Investment Unternehmen, das in Derivaten handelt, mit computergestützten Handelssystemen. Und auch wenn ich Kunst sammle und das nicht als Investment sehe, komme ich aus einer Branche, die nach dem Marktprinzip arbeitet. Wenn die Börse am Abend schließt, dann haben sie mit dem Schlusskurs eine Bewertung. Das gibt es in der Kunst natürlich nicht, aber es gibt einen Einstandspreis, den man für ein Kunstwerk bezahlt hat und bei den hohen Transaktionskosten wie Transporte oder Lagerung, die der Kunstkauf mit sich bringt, muss ein Kunstwerk schon einmal dreißig bis vierzig Prozent im Marktwert gestiegen sein, damit Sie den Break Even erreicht haben. Aber mit so einem Kurator wie Ami Barak und mit den Galerien, mit denen wir zusammen arbeiten, habe ich schon den Anspruch, dass wir eine höhere Trefferquote haben als der Normalsterbliche. Geht es dabei auch um eine Form von Diversifizierung? Natürlich! Ich komme schließlich aus dem computergestützten Handel mit Derivaten und habe mir auch ein Computerprogramm geschrieben, das mir bestimmte Künstler auf dem Radarschirm zeigt. Danach wird das Ergebnis durch den globalen Blick eines Kurators und durch die Kunstgeschichte gefiltert. Aber sie überprüfen nicht täglich den Marktwert ihrer Sammlung? Nein, natürlich nicht! Ich beobachte aber die Ausstellungsgeschichte der Künstler und wie sie rezipiert werden. Was am Kunstmarkt passiert, spielt dabei schon eine gewisse Rolle. Gibt es eine spezielle Strategie, mit der Sie ihre Sammlung aufbauen? Ich sage immer, wenn Künstler von der Kunstgeschichte und vom Markt akzeptiert sind, dann kann ich sie mir ohnehin nicht mehr leisten, weil die Preise zu hoch sind. Wir möchten also primär Werke von Künstlern kaufen, die von der Kunstgeschichte akzeptiert sind, aber vom Markt noch nicht. Dann sind die Werke für mich noch leistbar. Die zweite Ebene bilden „Mid-Career-Artists“ die gerade auf dem Sprung zum Superstar sind. Da hast du mehr Sicherheit, aber die Preise sind auch höher. Der dritte Schwerpunkt sind „Emerging Artists“, also Künstler die schon von Galerien vertreten werden und eine Ausstellungsgeschichte haben, aber so jung sind, dass der weitere Weg noch nicht absehbar ist. Aber das heisst auch, Werke wieder abzugeben, wenn die Karriere auch nach einigen Jahren nicht weitergeht. Das bedeutet dann im ersten Schritt, dass wir versuchen, das Werk wieder bei der Galerie einzutauschen um ein anderes Werk zu kaufen. Sie nehmen damit auch die Galerien weiter in die Pflicht? Es muss ja nicht unbedingt der Preis sein, um den ich das Werk gekauft habe und will ja kein Bargeld haben, sondern eben ein anderes Werk aus der Galerie. Aber ich bin schon der Meinung, dass die Galerien in diesem Sinn eine gewisse Liquidität garantieren müssen. Ich bin auch überzeugt davon, dass Galerien die so agieren viel mehr und größere Sammler anziehen könnten. Bei aller Liebe zur Kunst, wir leben hier in einer seit 1945 stabilen Gesellschaft, aber ich komme aus einem Umfeld, wo ich schon mit der Muttermilch aufgesogen habe, dass jederzeit alles passieren kann. Und da möchte ich schon eine gewisse Möglichkeit haben, etwas zu Liquidität zu machen. Ich wurde oft gefragt, warum ich Konzeptkunst so liebe. Ich konnte es zuerst nicht beantworten, kam aber dann zu folgender Überzeugung: Was bekommt man denn, wenn man ein Werk von Lawrence Weiner oder Douglas Gordon kauft? Ein Stück Papier, das mir das Recht gibt, das Werk irgendwo anzubringen. Wenn das dann noch in den Archiven verzeichnet ist, dann kann dir das keiner mehr wegnehmen! Deshalb bin ich so ein Fan der Konzeptkunst, weil sie einfach nur im Kopf existiert und die Idee wichtiger ist als die Umsetzung. Und natürlich ist man, wenn das in den Archiven verzeichnet ist, dann wieder ein Teil der Kunstgeschichte. Aber um das klarzustellen: Ich rede nicht davon dass man Kunst behandeln kann wie eine Aktie und nach drei Monaten oder einem Jahr wieder verkaufen soll. Da muss ich die Galerien schon verteidigen. Wie ich überhaupt der Meinung bin, dass die Galerien hier in Wien sehr korrekt arbeiten. Aber sie sind zum Teil zu sehr den Künstlern und zu wenig den Sammlern verpflichtet. Wie spielt das in Ihr Engagement bei der Viennafair mit hinein? Hier geht es mir gar nicht um das Investment sondern darum, die Messe hier zu stärken und den internationalen Investoren zu sagen: Kommt!. Ich sehe das primär wirtschaftlich und unterstütze alles, was den Standort stärkt. Egal ob Oper, Neujahrskonzert, Lifeball oder Kunstmesse. Je mehr Leute nach Wien kommen, desto besser. Die Sammlung ist mit fünf Jahren noch relativ jung und trotzdem bekommen Sie jetzt bereits ihre erste Museumsausstellung. Die Ausstellung im Jüdischen Museum war eine emotionale Entscheidung und entstammt eher der Überlegung, Geschichte mit zu begründen. Das jüdische Museum versucht, mit Ausstellungen zeitgenössischer Kunst ein neues Image aufzubauen. Da mit dabei zu sein, nach dem zweiten Weltkrieg, nach der kürzlichen Renovierung des Museums mit einer Ausstellung auf diesem Niveau dabei zu sein und vielleicht ein wenig Geschichte zu schreiben, finde ich einen schönen Gedanken. Gleichzeitig hoffe ich auch, damit eine gewisse Vorbildfunktion erfüllen zu können. Ich lebe einfach mit dem Bewusstsein, dass wir eine historische Verantwortung haben, mehr zu leisten. Auch im Bezug auf die Sammlung und ihren Aufbau? Als Vorbild für andere, ebenfalls viel Geld für Kunst auszugeben? Ich möchte damit vor allem den Staat auffordern, mehr Geld für Bildung und Kultur auszugeben. Je mehr du dich mit Musik, Literatur, Kunst und Theater auseinandersetzt und dich dabei nicht einfach berieseln lässt, sondern versuchst, die Kunst auch zu verstehen, desto liberaler wird das eigene Denken. In diesem Sinn ist eine Sammlung immer auch der Ausdruck der eigenen Haltungen und Werte. Trotzdem versucht die Sammlung sichtbar auch einem musealen Anspruch gerecht zu werden Nicht im Sinn einer Vollständigkeit. Es geht nicht darum, gewisse Strömungen in der Kunst mit möglichst vielen Werken zu dokumentieren. Zwei, drei Hauptwerke reichen mir da vollkommen. Vielleicht ist das mein missionarischer Anspruch. Um etwas lernen, neues einordnen zu können, denken wir Menschen immer in Mustern. Ich versuche, den Leuten einen Referenzpunkt zu geben, damit es „klick“ machen kann in den Synapsen. Die Einteilung der Sammlung in unterschiedliche Strömungen hilft auch mir beim Verständnis und bei der Auseinandersetzung mit den Kunstwerken. Und der Schritt zum eigenen Museum ist damit schon vorausbestimmt? Wir haben uns das natürlich schon überlegt, aber in jeden dieser Schritte muss man hineinwachsen. Der nächste Schritt könnte sein, vielen Museen in Österreich wie auch international diese Werke zu leihen. Dann vielleicht einen Raum zu eröffnen – nicht zu groß. Auch auf vier- oder fünfhundert Quadratmetern könnte man schöne Ausstellungen und Events veranstalten. Aber am Schluss steht natürlich das Ziel, ein eigenes Museum zu haben. Und auch wenn ich oft Diskussionen mit meinem Kurator und dem Restaurator habe: Die Werke sind dafür gemacht worden, gesehen zu werden. -- Die Pomeranz Collection ist eine junge, aber schon sehr umfangreiche Kunstsammlung, die von Jana und Eduard Pomeranz initiiert wurde und von Ami Barak kuratorisch betreut wird. Das Spektrum der Sammlung reicht von Fluxus über Minmal- und Konzeptkunst bis zu wichtigen Repräsentanten der Kunstszene Osteuropas, zeitgenössischer asiatischer Kunst und aktueller Kunst aus Israel. Eduard Pomeranz ist Teil der kürzlich gegründeten VF Beteiligungs KG, die im September 2012 erstmals als Veranstalter der Kunstmesse VIENNAFAIR auftritt. Werke aus der Pomeranz Collection sind unter dem Titel „FREMDE ÜBERALL - Die Sammlung Pomeranz“ vom 24.05. bis 7.10.2012 im Jüdischen Museum der Stadt Wien zu sehen.
Mehr Texte von Werner Rodlauer

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