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Muntean/Rosenblum - Nemesims : Falsche Idylle, fett serviert

Eine der Boshaftigkeiten von Marketing ist die Erfindung immer neuer Verführungsstrategien, die am besten mit spielerischem Handeln im pubertären Alter an den Azubi-Konsumenten herangetragen und eingeübt werden. Die Ästhetik eines solchen Spiels, „The Sims“, verantwortet die Raumgestaltung der aktuellen Ausstellung „Nemesims“ von Muntean/Rosenblum. Die im Titel gegebene Anspielung auf die antike Gottheit der Rache könnte wohl eine Art Softeis-Geisterbahn erwarten lassen, ein Setting etwa wie beim-schwedischen-Möbelglobalhändler-am-heiligen-Abend mit Kunst-Upgrade. Richtig fies ist die Musik im Hauptraum mit der großen grauen Installation eines betretbaren Hauses ohne Küche, aber mit Bad und Bett, vor dem Rollschuhe mit Steinen beschwert stehen („Untitled(Rolling Stones)“ von Michael Gumhold). Ursprünglich wurde die begehbare Installation als Ausstellungsdisplay für einen Messestand entwickelt. In der Galerie wurden zudem Wandbemalungen in verschiedenem The-Sims-Designs aufgebracht. Außerdem sind 6 Bilder und 11 Skulpturen von weiteren KünstlerInnen wie z.B. Konrad Friedel, Hildegard Joos, Gerwald Rockenschaub oder Manfred Wakolbinger integriert. Die neuesten Arbeiten von Muntean/Rosenblum, Collagen und zwei kleinere Objekte, eine Wendeltreppe mit Zylinder und ein Backsteinmodelltürmchen mit Perücke, verfolgen allerdings eine nicht spezifisch sims-symptomatische Optik, sondern erinnern eher an die surrealistische Atmosphäre von de Chirico´s Pittura Metafisica. Das gemalte Licht auf den Ölbildern von Muntean/Rosenblum, insbesondere, wenn die Szenerie im Wald stattfindet, schimmert sensibel und dürfte idyllisch genannt werden, würden nicht die vage melancholischen Bildunterschriften einen ironischen Bruch nahelegen – Idylle erscheint als ausgedachtes, überästhetisiertes, quasi marketingmotiviertes Environment. Die Jugend der meisten hübschen Bildprotagonisten, ob schaukelnd oder chillend, schwingt auch in den Aussagen der Texte sanft mit. Aber vermitteln nicht die Bildumgebungen, Jugend sei lediglich eine Prägephase, während der zwar die bedeutenden Fragen gestellt, jedoch in Wahrheit durch maschinengesteuertes Spielvergnügen Verhaltensweisen trainiert werden, um später friedlich in der Masse der Bruttosozialproduzenten westlicher Wohlstandsgesellschaften mit zu schwimmen? Es ist schwer, zu entscheiden, ob Muntean/Rosenblum die pubertäre Sehnsucht nach Authentizität und Identität persiflieren oder propagieren wollen; ob man als Betrachter sentimental oder kritisch auf das Phänomen Jugend schauen will. Es ist noch schwerer, dabei das jeweilige Ausstellungsdisplay, die popfarbigen Wände und das graue Wohndesign nicht als Parmesanspäne auf einer Käsekrainer-Eitrigen wahrzunehmen. Eventuell weiterhelfen könnte ein Kongress von eingefleischten The-Sims-Spielern in den Räumen der Galerie. Oder die Beobachtung, dass die Jugend von heute in weiten Teilen des westlichen Wohlstandraums nicht genug Geld hat, den Konsumquatsch total mitzumachen. Es gibt Boshaftigkeiten auf der Welt, und sie sind schlimm.
Mehr Texte von Charles Nebelthau

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Muntean/Rosenblum - Nemesims
11.05 - 16.06.2012

Galerie Georg Kargl
1040 Wien, Schleifmühlgasse 5
Tel: +43 1 585 41 99, Fax: +43 1 /585 41 99-9
Email: office@georgkargl.com
http://www.georgkargl.com
Öffnungszeiten: Mi-Fr 13-19
Sa 11-16h sowie nach Vereinbarung


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
öde
hobatt | 02.06.2012 11:02 | antworten
Ich glaube, daß sich die beiden einfach gegenseitig anöden. Wäre das nicht wirklich das tiefste Innere dieser Künstler - niemals könnten sie über so viele Jahre dieses Gesule in absoluter Öde aushalten. Und wenn sie da untertiteln "nothing" dann ist da tatsächlich nichts, auch nicht in der Aussage und auch nicht in der Malerei, und auch nicht im künstlerischen Versuch.

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