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Wie zusammen leben?: Wie denn nun?

„Radikal gedacht ist das Werk nämliche eine Bewegung des Selben zum Anderen, die niemals zum Selben zurückkehrt“, notierte Emmanuel Levinas in „Die Spur des Anderen“. Wie ist es aber jetzt, das Verhältnis des Eigenen zum Anderen, das zum bestimmenden Thema sozialer Auseinandersetzungen geworden ist, wie bestimmen Migration und Integration unsere zusehends durch Asyldebatten geprägte Gesellschaft? Wie ist das gegenwärtige Verhältnis der Kulturen zueinander? Und: Was hat das Ganze mit Kunst zu tun? „Wie zusammen leben?“ lautet das von Roland Barthes entlehnte Motto für die hauseigen produzierte Gruppenausstellung im Salzburger Kunstverein. Barthes beschrieb den Sachverhalt, „allein leben zu wollen und zugleich, ohne Widerspruch dazu, zusammen leben zu wollen“, als Phantasma, als ein „wiederkehrendes Begehren“ des Menschen an sich. Ein Leben im gleichen Rhythmus und die Erhaltung der Unabhängigkeit des Subjekts in der Gemeinschaft der Gruppe sah er in Reinkultur in mönchischer Lebensweise, innerhalb der Institution des Klosters verwirklicht. Im Kunstverein ist der knapp bemessene Rahmen von Zelle und Regel natürlich wie üblich programmatisch erweitert: Die Schau handelt von politisch angehauchten Phänomenen im Gefolge einer total globalisierten Welt, von Verschiebungen im Geschlechtergefüge (Nilbar Güres) und Umwidmungen religiös geprägter Architekturen (Johanna Diehl), thematisiert das zweifelsfrei Fremde in und um uns herum (Wendelien van Oldenborgh) und zeigt sozialpädagogisch angetriebene Feldforschungsversuche „an der Öffentlichkeit“ (Klub Zwei). Ernst Logar blickt in seiner „Oral History“-Studie den letzten slowenischen Zeugen des Kärntner Widerstands im zweiten Weltkrieg direkt und regungslos ins zerfurchte Gesicht der Geschichte. Einzig Ján Mančuška sprengt behutsam das nun auch schon wieder bedenklich eng anliegende Korsett einer nur regional-globalen Sicht auf die Welt: Der im vergangenen Jahr verstorbene Künstler führt im Aufdecken der „blinden Flecke“ in der Selbstwahrnehmung die ureigene Kern- und Keimzelle der Gesellschaft vor Augen; der Akt der Körperbemalung ist in der Reihung entsprechender Filmstreifen vor dem Röntgenschirm eines Leuchtkastens zu einer allgemeingültigen Ruhe gekommen, die nichts mit weltumspannender Beliebigkeit zu schaffen haben will: Ganz ist der Mensch nur im Zusammenspiel und im Zusammenhang mit dem/der Anderen.
Mehr Texte von Stephan Maier †

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Wie zusammen leben?
26.04 - 08.07.2012

Salzburger Kunstverein
5020 Salzburg, Hellbrunnerstrasse 3
Tel: +43 (0) 662/84 22 94-0, Fax: +43 (0) 662/84 07 62
Email: office@salzburger-kunstverein.at
http://www.salzburger-kunstverein.at
Öffnungszeiten: Di-So 12-19h


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