Werbung
,

Herbert Brandl: Vorstellung, Nachahmung - beides: gute Malerei

Malerei ist eine Kunst, die schon in den Höhlen der zotteligen Urahnen Blubbern beschwörte, Geraune und Gespräch. Es ist eine gesellschaftlich zärtliche Kunst, seit je. Auch wenn man sie mit besengroßen Pinseln ausübt: sie ist der Beweis dafür, dass man auch mit besengroßen Pinseln zärtlich sein kann. Zwanzig Minuten lang braucht Brandl für seine großen Bilder, sie sind sozusagen Reportagen einer sportlichen Anmut. Im Bank Austria Kunstforum findet sich ein beeindruckend großes Querformat mit wie fluoreszierenden Breithalmen aus einem Schlammbad auf 3m Höhe und 5m Breite (O.T., 2009, Öl und Firnis auf Leinwand). Würde man diese Besenbreithalmspuren neben das Große Rasenstück von Dürer hängen, sähe Dürer klein aus und fummelig, geplant minimalistisch zärtlich irgendwie. Nicht schlecht, aber Brandls XXXL-Halme sind gegenüber Dürers behend großartiger, genealogisch eleganter, da kann ja Dürer nix dafür. Dürer hatte keine heizbare, dauernd helle Halle, um mit Bildern zu toben, und Dürer war deutsch und hätte nie soviel Gelb benutzen dürfen wie Brandl, denn kein deutscher Maler hat je geschafft, ein Zitronengelb so zu malen, dass es nicht sticht, Brandl schon. Über den Einfluss der Neonlichtstrahlen auf die Malerei findet sich neben einem prima- magenta-färbigen Flugflokatibild in einer Andachtsunterschrift (O.T. 2010, 170x218, Öl und Firnis auf Leinwand) etwas über verbrannten Blick und halluzinogene Strapazen am Auge und urbanes New-Wave-Gefühl. Es liest sich zwischen Versprechen und Warnung. Das Rosa daneben ist künstlich und souverän und unverbraucht pink. Und das war erst der erste Raum mit den monochromen Bildern – es gibt noch einen Bergraum, einen Farbbäder-rundum-Raum, einen Hyänen-mit-Schnee-Raum, einen Zwischenraumgespensterraum und einen Farbschrundenraum und ein Zwitscherkabinett mit Materialismus-Blumen und Video: das Bank Austria Kunstforum hat eine umfassende Werkpersonale mit aufmerksam gestaltetem Katalog ermöglicht. Leider sind den Sammlungen und Sponsoren, die bei der Produktion der Ausstellung Unterstützung geleistet haben, nicht immer dezent Rang verschafft worden, und ein Unternehmen erklärt in Kniehöhe, es widme dem Betrachter den Raum mit den amalgamierten Farbwülsten – kreativer wäre die Angabe des so erwirtschafteten Steuerfreibetrags. Brandls Werk selbst scheint aus einem mimetischen Verständnis entstanden, das Abstraktes und Gegenständliches gleich handhabt. Wenn Brandl einen Berg malt, malt er auch, wo die Luft am Berg dünner wird. Brandl sagt von sich selbst, er sei Bergseher und nicht Bergsteiger, wie weiß er also, wie es ist, wenn am Berg die Luft dünner wird? Offenbar kann er es sich vorstellen und seine Vorstellung so nachahmen, dass wir es sehen: und das ist das Erstaunliche an mimetischer Malerei und an Brandls Malerei. Erstaunen ist ein prima Gefühl. Die Mimesis in der Malerei ist ein Surplus, das dem Foto immer fehlt und Gerhard Richter auch. Brandls Werk hat dieses Surplus, es ist sichtbar: das ist eine gute Nachricht.

Mehr Texte von Gesche Heumann

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Herbert Brandl
26.01 - 15.04.2012

Bank Austria Kunstforum
1010 Wien, Freyung 8
Tel: +43 1 537 33 26, Fax:
Email: office@kunstforumwien.at
http://www.kunstforumwien.at
Öffnungszeiten: Mo-So 10.00-19.00 h
Fr 10.00 - 21.00 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: