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Zur Freigabe

Ich dachte, ich hätte mich verhört. „Schickst du uns dann noch den Artikel zur Freigabe?“, fragte der Pressesprecher eines Bundesmuseums unlängst. Auf solche Anwandlungen fällt es mir immer sehr schwer, die Contenance zu bewahren. Glaubt da jemand ernsthaft, dass JournalistInnen eines seriösen Mediums Geschichten von jenen, über die berichtet wird, „freigeben“ lassen? Da die Direktorin des Hauses leider telefonisch nicht zu sprechen war, hatte sie meine Fragen per e-mail beantwortet. Wenn ich schon nicht den Artikel schicken wolle, solle ich doch bitte wenigstens die Zitate „zur Freigabe“ schicken. Ein einigermaßen erstaunliches Ansinnen, hatte die Direktorin diese doch selbst verfasst und somit ohnehin schon das Maximum an Kontrolle darüber. Aber, so wurde mir gesagt, es könne ja etwas aus dem Zusammenhang gerissen werden und so. Vor einigen Jahren publizierte ich ein Interview mit einem Kollegen besagter Direktorin in einer Fachzeitschrift. Der Museumsboss wollte dann nicht nur das Gespräch mit seinen Zitaten selbst zur Autorisierung – was im Gegensatz zum angloamerikanischen Raum im deutschsprachigen an sich üblich ist – sondern auch das Layout und den Vorspann sehen, „zur Freigabe“, hieß es. Was ich zurückwies. Ein andermal diskutierte ich eine halbe Stunde mit einer Kuratorin am Telefon, weil diese mich zwingen wollte, ein Foto von ihr abzudrucken. Als ich einwandte, dass sie im Text ausreichend zitiert werde und somit sehr präsent sei, lautete ihre verzweifelte Antwort: „Aber den liest ja keiner! Es schaut sich doch jeder nur die Fotos an!“ Später bombardierten mich die Künstler der von ihr kuratierten Ausstellung, die ebenfalls fototechnisch mitreden wollten, mit Anrufen. Irgendwann fiel dann das Wort „Nordkorea“. Und ausgerechnet auf der Autobahn ereilte mich der Anruf jenes Kunsthändlers, der ebenfalls einen Artikel – in dem er eine Nebenrolle spielte – vorab lesen wollte („Sie schicken mir die Geschichte eh, bevor sie in Druck geht, gell?“). Als ich mich weigerte, wurde er zornig und fand mein Verhalten „unprofessionell“. Schließlich sei dergleichen durchaus üblich, erklärte er. Fairerweise muss man sagen: Solche Ansinnen sind Ausnahmen. Doch bisweilen werden JournalistInnen – besonders im Kulturbetrieb – als externe Gratis-PR-MitarbeiterInnen betrachtet. Nur zur Klarstellung: Das sind wir nicht.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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2 Postings in diesem Forum
D A N K E
Olga Kronsteiner | 14.11.2011 08:19 | antworten
Danke liebe Nina, fuer diese Klarstellung !
wichtig?
bitteichweisswas | 15.11.2011 10:27 | antworten
tja- manche DirektorInnen nehmen sich einfach zu wichtig- hängt sicher aber auch mit der Wertschätzung zusammen, die man der "Kunst" bzw. "Museumsneuadaptionen" entgegenbrint !?

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