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Deutsch statt nix verstehen

Hätte die Rechtsaußen-Partei FPÖ nicht schon so viel in diesem Land zerstört, könnte man ihre Äußerungen zur allgemeinen Erheiterung heranziehen, erscheinen sie doch stets wie gelungene Selbstpersiflagen. Unlängst stieß ich wieder auf ein besonders witziges Beispiel. Der niederösterreichische FPÖ-Landtagsabgeordnete Benno Sulzberger stellte eine Anfrage an Landeshauptmann Erwin Pröll, Gegenstand war der Performance-Preis des Kunstraums Niederösterreich. Der war ja bekanntlich an das Duo Dolce & Afghaner gegangen. Bei einem PISA-Test würde Herr Sulzberger kaum zum Renommee unseres schönen Heimatlandes mit seiner wunderbaren Landschaft und seinem fleißigen Volk beitragen. Seine Anfrage ist in einer Sprache formuliert, die dem Deutschen zwar ähnelt, jedoch mit derart vielen Fehlern versetzt ist, dass sie nicht mehr wirklich als „deutsch“ bezeichnet werden kann. Da schreibt Herr Sulzberger zum Beispiel: „Diesmal wurde das Wiener Performance-Duo (...) für eine höchst fragwürdige Aktionskunst, wie Urinieren in das Wasserbecken vor der Karlskirche in Wien, oder die Darstellung wo einem Hund eine automatische Waffe an den Kopf angehalten wird, ausgezeichnet.“ Anhalten tut man ein Taxi, dachte ich immer. Und auch sonst holpert der Satz derartig, dass jede/r Deutschlehrer/in zumindest zwei rote Wellen darunter setzen würde. Von der kreativen Beistrichsetzung jetzt mal abgesehen. Weiter: „An den Haaren herbei gezogene Argumente, hier handelt es sich um eine Sparte der Performance-Kunst, die es besonders schwer hat (...)“ Gut, nicht jeder weiß, dass indirekte Rede üblicherweise mit dem Konjunktiv einhergeht – deutsche Sprache, schwere Sprache. Später ist von einer „überwiegenden Bevölkerungsmehrheit“ die Rede – der „weiße Schimmel“ lässt grüßen. Im zweiten und letzten Absatz heißt es: „Mit dieser Preisverleihung zeigen die Verantwortungsträger des NÖ Kulturraums ihre Zielsetzung, anstatt talentierte niederösterreichische Künstler zu fördern und zu unterstützen. Es sind sicher nicht primitive und verabscheuungswürdige Gesten und Aktionen in der Öffentlichkeit gemeint.“ Also worin besteht jetzt die „Zielsetzung“ des „NÖ Kulturraums“, und was soll das überhaupt sein, der „NÖ Kulturraum“, die Landschaft zwischen St. Valentin und Hainburg mit ihren vielen Schlössern, Kircherln und Weinbergen vielleicht? Jene Institution in der Herrengasse, die den Performancepreis verleiht, heißt Kunstraum Niederösterreich. Und wer meint eigentlich was und wer meint was nicht, und womit meint diese unbekannte Größe nun was? Der Kunstraum (oder „Kulturraum“) meint sicher nicht primitive Aktionen? Vielleicht war es ja das, was Herr Sulzberger dem Landeshauptmann sagen wollte. Ansonsten fordere ich verpflichtende Kurse unserer Landessprache für FPÖ-Abgeordnete. Deutsch statt nix verstehen!
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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